Wahlen in Honduras: Dreifacher Wendepunkt
Ein so deutliches Ergebnis hatte kaum jemand erwartet. Xiomara Castro, Kandidatin der Linkspartei Libre, hat nach der Auszählung von etwas mehr als der Hälfte der Wahlzettel bei der Präsidentschaftswahl in Honduras vom vergangenen Sonntag 53 Prozent der Stimmen erhalten. Nasry Asfura bekam für die regierende Nationale Partei 33 Prozent, Yani Rosenthal von der einst mächtigen Liberalen Partei blieb unter 10 Prozent.
Das Ergebnis ist in dreifacher Hinsicht ein Wendepunkt: Zum ersten Mal wird Honduras eine Präsidentin bekommen, selbst wenn Castro am Ende unter die 50-Prozent-Marke rutschen sollte. Das Wahlgesetz kennt keine Stichwahl, die einfache Stimmenmehrheit reicht. Zum Zweiten: Honduras ist wieder da angekommen, wo es vor dem Militärputsch von 2009 gegen den damals nach links abdriftenden Präsidenten Manuel Zelaya stand, der eigentlich für die Elitepartei der Liberalen gewählt worden war. Castro ist Zelayas Ehefrau, er selbst ist Vorsitzender der von ihm gegründeten Partei Libre.
Und zum Dritten: Die Honduraner:innen haben zum ersten Mal die kriminelle Machtelite des Landes abgewählt. Der noch amtierende Präsident Juan Orlando Hernández ist tief in Drogengeschäfte verstrickt, sein Kandidat Asfura in zahllose Korruptionsskandale. Der liberale Rosenthal hatte vor seiner Kandidatur eine dreijährige Haftstrafe wegen des Waschens von Drogengeldern in den USA abgesessen. Die Honduraner:innen wollen nicht mehr von solchen Verbrechern regiert werden.
Ganz sicher aber ist Castros Sieg noch nicht. Auch vor vier Jahren, als Hernández angeblich wiedergewählt wurde, lag zunächst Salvador Nasralla – er soll jetzt Castros Vizepräsident werden – deutlich in Führung. Dann hüllte sich der Wahlrat tagelang in Schweigen und präsentierte schliesslich Hernández als Sieger. Unruhen mit mindestens zwei Dutzend Toten waren die Folge. Das 53-Prozent-Zwischenergebnis von Castro wurde am frühen Montagmorgen veröffentlicht. Seither hüllt sich der Wahlrat in Schweigen. Eine Wiederholung des Szenarios von 2017 kann in Honduras nie ausgeschlossen werden.