Leser:innenbriefe

Nr. 51 –

Wie ist mit Ungeimpften umzugehen?

«Pandemiebekämpfung: Nicht immer auf den Kollaps zu», WOZ Nr. 49/2021

Als langjährigen WOZ-Abonnenten stören mich immer mehr solche unverbindlichen «neutralen» Artikel wie dieser jüngste zur «Pandemiebekämpfung». Trotz der zitierten Schlagworte «Albtraum», «Triage» folgen keine fundierten Analysen und Lösungsvorschläge.

Als Jurist und früher Sanitätsdienstleistender halte ich in der heutigen Notsituation die Einführung einer generellen Impfpflicht und/oder von Extrasteuern für Ungeimpfte für angemessen und rechtlich zulässig. Gemäss Triage-Richtlinien der SAMW gelten dazu vier medizinisch-ethische Grundsätze: Wohltun, Nichtschaden, Respekt vor der Autonomie und Gerechtigkeit.

Letztere beruht auf der Rechtsgleichheit, wonach sachverhaltlich Gleiches rechtlich gleich, jedoch sachverhaltlich Ungleiches rechtlich ungleich behandelt werden muss. Befolgt man diese heute unbestrittenen Prinzipien, so heisst das für Notsituationen wie die in der Covid-Pandemie mit überfüllten Spitälern, dass auch hier rechtmässig nach Ungeimpften und Geimpften unterschieden werden muss und darf.

Wenn wir schon zulassen, dass zum Teil Ungeimpfte im Gesundheits- und Erziehungsbereich ihre zu betreuenden Personen – entgegen dem Verbot der Verbreitung menschlicher Krankheiten (Art. 231 StGB) – konsequenzenlos weiter gefährden, dürfen wir nicht auch noch (mangels Kapazitäten und wegen mehrheitlich Ungeimpfter) hilfsbedürftigen Geimpften den Zugang auf Intensivstationen rechtswidrig erschweren.

Werner Kallenberger, Zürich

Fribourg oder Freiburg?

«Dr. h. c. Mario Gattiker: Ehre, wem Ehre gebührt?», WOZ Nr. 49/2021

Mit unvermindertem Vergnügen lese ich jeweils die «WOZ News» auf der letzten Seite, gewissermassen meine Dessertlektüre! Der unfreiwillige Humor schleicht sich allerdings manchmal auch in die eigenen Druckzeilen (was dann meistens auch durchaus selbstkritisch vermerkt wird). Nun ist die Bezeichnung «Uni (de) Fribourg» in einem deutschsprachigen Text nicht unbedingt lustig; lustig ist allenfalls die zürcherische Beflissenheit, trotz Spätfranzösisch hier wieder einmal auch die Sprachkenntnisse in der zweiten Landessprache beweisen zu wollen. Nur: Ist die Übung deshalb auch sinnvoll? Würde man in einem deutschen Text auch von der «Uni (de) Genève» sprechen?

Die Universität Freiburg, als einzige in der Schweiz, bietet seit jeher ihre Vorlesungen und Übungen wahlweise auf Deutsch und Französisch an. Wenn ein Deutschschweizer mit einer deutschsprachigen Laudatio von dieser Uni (zu Recht oder zu Unrecht) geehrt wird, ist die Verwechslung mit Freiburg im Breisgau kaum zu befürchten … Ehre, wem Ehre gebührt, diesmal auch der sprachlichen Logik!

Jean-Pierre Anderegg, Freiburg (Schweiz)

Was, wenn der Mensch ein Nutztier wäre?

«Landwirtschaft: Keine Würde ohne Auslauf», WOZ Nr. 49/2021

Der Artikel stellt völlig richtig fest, dass die Annahme und Umsetzung der Massentierhaltungsinitiative (MTI) eine deutliche Verbesserung für in der Schweiz gehaltene Nutztiere zur Folge hätte. Ebenfalls sehr begrüssenswert ist die Einordnung der Massentierhaltung in einen grösseren Zusammenhang «eines der grössten Übel unserer Zivilisation», auch hinsichtlich Umweltbelastung und menschlicher Arbeitsbedingungen.

Jedoch gibt der Artikel ohne Relativierung die Aussage wieder, mit der Berücksichtigung von ein, zwei «arttypischen Verhaltensweisen» sei die Würde des Tieres in der Nutztierhaltung gewährleistet. Welche arttypischen Verhaltensweisen würden wohl beim Menschen berücksichtigt, wenn wir Nutztiere wären? Das Recht auf körperliche Unversehrtheit oder darauf, uns um unsere Babys zu kümmern, würden wohl nicht dazugehören, obwohl sie zu unseren elementarsten Bedürfnissen zählen – genau wie bei den Kühen, Schweinen, Hühnern und weiteren Nutztieren.

Natürlich ist Speziesismus ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und nicht WOZ-spezifisch. Aber von der WOZ würden wir schon erwarten, dass Aussagen zur Würde von Nutztieren – gerade wenn diese Aussagen im Zusammenhang eines grundlegenden gesellschaftlichen Wandels gemacht werden – zumindest den Anliegen der Tierrechtsbewegung gegenübergestellt werden. Schliesslich versteht sich diese als Bewegung der sozialen Gerechtigkeit – über Speziesgrenzen hinweg.

Annabelle Wiegart und Manuel Sulzer, Turgi

Armeen können nicht die Lösung sein

«Essay: Die Logik lautet: Wenn wir globale Probleme in Geschäftsmodelle übersetzen, dann werden wir sie auch lösen können», WOZ Nr. 50/2021

Dank Corona wird das Weltwirtschaftsforum im Januar in Davos nicht stattfinden. Wir in Oerlikon und Seebach werden verschont vom Lärm und dem Kerosingestank der Helikopter und Privatjets der globalen Elite, die in Davos die Welt retten will. Die Damen und Herren werden dann vielleicht per Zoom mit ihren «Geschäftsmodellen» die globalen Probleme «lösen», wie der Autor schreibt. Wie in Glasgow wird in Davos, denke ich, nicht über die grössten Umweltverschmutzer verhandelt, die Armeen, über den Irrsinn der Erhöhung der Budgets der Kriegsministerien (auch in Bern), den Kauf von neuen Kampfjets, die Modernisierung des Atombombenarsenals.

Nicht infrage gestellt in Davos wird, so nehme ich an, dass die Schweizerische Nationalbank, Banken, Versicherungen und Pensionskassen der Schweiz weiter ihre Gelder in Rüstungskonzerne investieren. Ausser der Nationalbank investieren die anderen Geldhäuser sogar in Firmen, die geächtete Waffen herstellen, wie Atombomben, Antipersonenminen und Clusterbomben, was in der Schweiz klar verboten wäre.

Mittlerweile umfasst die Bilanz der Schweizerischen Nationalbank mehr als eine Billion Schweizer Franken, über 1000 Milliarden – ein Weltrekord, gemessen an der Wirtschaftsgrösse der Schweiz. Mit 950 Milliarden Franken machen die Devisenreserven den grössten Teil davon aus. Wie viele Milliarden investiert unsere Nationalbank in Rüstungskonzerne, die konventionelle, «erlaubte» Waffen produzieren? Wie viele Milliarden investieren all die anderen Schweizer Geldinstitute in Rüstungskonzerne, die Umweltprobleme und die Armut in der Welt mit Milliarden militärisch beseitigen?

Heinrich Frei, Zürich

Wo bitte ist denn die Gegenseite?

«Das Warten auf die Heimkehr kann noch Jahre dauern», WOZ Nr. 49/2021

Wie üblich sieht die WOZ die Opfer des Konflikts einseitig nur in Armenien. Bitte recherchieren Sie das nächste Mal besser.

Das ProWOZ-Team hat auch die Gelegenheit verpasst, den Beitrag der armenischen Diaspora zu den verschiedenen Kriegen zu analysieren und die Verbindungen zwischen armenischem Nationalismus und der rechtsextremen Szene Europas, die von neuen Kreuzzügen gegen die Muslime träumt.

Ist es etwa ein Zufall, dass der französische Präsidentschaftskandidat Éric Zemmour seinen Wahlkampf ausgerechnet in Armenien beginnt?

Michael Tschanz, Mittelhäusern