Klimaaktivismus: Der Scheinsieg von Nyon

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Die Klimabewegung schreckt auch in der Schweiz nicht mehr vor direkten und gesetzwidrigen Aktionen zurück. Im Herbst 2020 errichteten Klimaaktivist:innen auf dem Waadtländer Hügel Mormont, ziemlich mittig zwischen Lausanne und Yverdon gelegen, hierzulande die erste «Zone à défendre» (ZAD): die gezielte Besetzung eines Ortes, um ihn vor der unmittelbaren Zerstörung zu schützen. Auf dem Mormont baut der Zementmulti Lafarge Holcim seit den fünfziger Jahren Kalkstein ab. Das dortige Werk, das sich durch weite Teile des Hügels gegraben hat, gehört zu den zehn grössten Treibhausgasproduzenten der Schweiz. Und soll nach dem Willen von Holcim ausgebaut werden (siehe WOZ Nr. 13/2021 ).

Ein knappes halbes Jahr hatte die Besetzung auf dem Mormont Bestand, ehe im Frühling 2021 «150 Polizisten in Kampfmontur» (SRF) aufmarschierten und die ZAD räumten. In der Folge ging die Waadtländer Staatsanwaltschaft mit aller Härte gegen die Geländebesetzer:innen vor und forderte für mehr als dreissig Personen mehrmonatige Gefängnisstrafen.

Für einen Angeklagten hatte die Staatsanwaltschaft gemäss SRF sogar sechs Monate Gefängnis beantragt, weil ihm aufgrund einer in einem Handschuh gefundenen DNA-Spur vorgeworfen wurde, die Polizei mit Wurfgeschossen angegriffen zu haben. Wie sich letzte Woche vor Gericht in Nyon herausstellte, befand sich der Mann damals gar nicht vor Ort. Er wurde vollständig freigesprochen. Auch die sechs weiteren Klimaaktivist:innen, die in Nyon vor Gericht standen, sind zumindest teilweise freigesprochen worden, Haftstrafen wurden letztlich keine verhängt.

Das Urteil ist aber keinesfalls ein Sieg für die Klimaaktivist:innen. Die Grundlage war, dass Holcim seine Anzeigen wegen Hausfriedensbruch zurückgezogen hatte. Im letzten Sommer fällte das Bundesgericht in Bezug auf Aktionen des zivilen Ungehorsams der Klimabewegung ein mutloses Referenzurteil: Bei der kurzen Besetzung einer Credit-Suisse-Filiale in Lausanne 2018 lag angeblich kein rechtfertigender Notstand vor, der die Aktion legitimiert hätte. Repression wird weiterhin die einzige Reaktion der Staatsgewalt auf direkte Aktionen der Klimabewegung bleiben.