Wichtig zu wissen: Rechtsraum Traum

Nr. 8 –

Ruedi Widmer über ungeklärte Fragen der Traumkultur

Heute Morgen habe ich meinen Sohn inmitten eines Skirennens geweckt. Er befand sich nach eigener Aussage gerade mit hoher Fahrgeschwindigkeit in einem Steilhang. Das ist erstens sehr gefährlich und zweitens auch sehr unpassend, wenn man mit bester Zwischenzeit gestört wird.

Dieses Erlebnis wirft diverse Fragen auf, etwa ob man Personen informieren muss, von denen man geträumt hat. Erfahrungsgemäss hat vieles, was man träumt, wenig mit der Realität zu tun, und es wäre wichtig, dass Angeträumte oder Zusammengeträumte die Möglichkeit einer Richtigstellung erhalten. Zumal man bis heute nicht weiss, ob Träume auch in andere Hirne übertragen werden und ob wir wirklich alleine träumen oder dies Kollektivträume sind, von Mehrfachverschaltungen von Gehirnen produziert.

Die Rechtslage in Träumen ist auch im 312 819. Jahr der Menschheit völlig ungeklärt. Wir sind im Traumbereich immer noch auf Scharlatanerie, Traumdeutung und Hokuspokus angewiesen, auch weil sich die Juristerei des Problems nicht annehmen will. Die Wissenschaft kümmert sich schon länger darum, bleibt aber nebulös und spricht rasch von irgendwelcher Neuronenblitzerei, was einem in einer misslichen Lage, in der man von einem riesigen Hasen verfolgt wird, auch nicht viel nützt.

Auch das Finanzwesen ist in der Traumwelt mangelhaft ausgebildet. Plötzlich sprudelt aus einer Felsspalte Geld heraus, und bevor man es nehmen kann, wacht man auf. Was passiert mit dem Geld? Wird das irgendwo buchhalterisch erfasst? Geht das in den Traum einer anderen Person über? Wem gehört das Geld wirklich? Sie sehen, es gibt viele Fragen.

Was kann ich, was können Sie tun? Verbindliche Regeln in Träumen wären wichtig. Es braucht irgendwo ein Schiedsgericht für schwere Fälle, und hier sehe ich bereits Konfliktpotenzial zwischen Realträumern und den sogenannten Fantasieträumerinnen wie der Schweizer Meisterin im Skurrilträumen, Sarah Fagonta-Zill. Die Realträumenden wollen klare Verhältnisse. Sie möchten nicht im Traum arbeiten müssen, am Morgen völlig fertig erwachen und dafür nicht mal Lohn sehen. Die Realträumer:in will gut ausgebaute Strassen im Traum. Immer noch zu viele Träumende fallen von schlecht gesicherten Böden herunter und erwachen dann vorzeitig, ohne den Traum sauber fertig geträumt zu haben.

Sauber fertig träumen? Das bringt Fagonta-Zill in Rage, denn ihre Szene will die absolute Konfusion im Traum, die gedankliche Ungezügeltheit, sie möchte am Morgen von skurrilen Träumen berichten. Für sie ist der Realtraum der blanke Horror. Gerade in der Pandemie herrschte in vielen Realträumen Maskenpflicht. Wer nimmt schon die Maske mit ins Bett? In meinem Umfeld ist von mehreren Träumen berichtet worden, in denen man das Zertifikat vorweisen musste.

Eine zentrale Frage ist auch der Umgang mit Albträumen. Für jemanden, der träumt, er stehe plötzlich nackt vor allen anderen, kann das sehr unangenehm sein. Oder wenn einem die Zähne im Traum ausfallen. Für Olaf Schnüriger-Bertolado, Traumfachmann ZRT/OPS, ist es zentral, dass in Träumen mehr Dienstleistungen vorhanden sind. Das können Care-Teams sein, die einem sofort etwas zum Anziehen bringen, aber auch kommunere Sachen wie mehr Kleidergeschäfte oder Zahnarztpraxen. Tally Weijl hat bereits angekündigt, mehrere Hundert Millionen Franken in Filialen in Träumen investieren zu wollen. Auch andere Konzerne sehen im Traumbereich Wachstumsmöglichkeiten.

Für Fantasieträumerin Sarah Fagonta-Zill ist solches ein No-Go. Sie warnt vor der kommerziellen Nutzung der Träume. Dass wir noch ohne Unterbrecherwerbung träumen, hat viel mit ihr zu tun, denn 2017 hat sie gegen die Legalisierung von Traumunterbrecherwerbung geklagt und vor Bundesgericht recht bekommen.

Ruedi Widmer träumt in Winterthur, seine Träume breiten sich in Mondnächten bis in die Nähe des Hauptbahnhofs aus.