Frontex-Abstimmung: Wer übernimmt hier Verantwortung?
Woher er plötzlich kommt, ist unklar, aber jetzt ist er da: ein überbordender Gestaltungswille der Bürgerlichen. Sie alle wollen sich weiterhin an Frontex beteiligen, um die Zukunft der europäischen Grenzschutzagentur mitzugestalten. Wenn die Schweiz die Vorlage ablehne, so das Argument, sei das nicht mehr möglich. Stattdessen solle man jetzt: Verantwortung übernehmen. Nur, wie genau soll das funktionieren?
Es gibt zwei Institutionen, die Kontrolle über Frontex ausüben können. Erstens: das EU-Parlament, das über das Budget der Agentur wacht. Die Schweiz hat damit nichts zu tun. Und zweitens: der Verwaltungsrat von Frontex, in dem der Bund mit zwei Vertreter:innen Einsitz hat. Mitentscheiden dürfen diese aber nur bei Themen, die die Schweiz direkt betreffen. Etwa, wenn es um ihr Personal geht. In allen anderen Belangen bleibt ihnen bloss ein Mitspracherecht. Das Finanzdepartement schreibt, dass sich die Schweiz auf diesem Weg konsequent für die Einhaltung der Grundrechte einsetze. Angesichts der fast wöchentlichen Skandale rund um Frontex lässt sich bilanzieren: Man hätte wohl genauso gut gegen eine Wand schreien können.
Dass die Agentur kaum demokratischer Kontrolle untersteht, hat aus Sicht ihrer Trägerstaaten einen handfesten Vorteil: Sie müssen nicht dafür geradestehen, wenn Frontex Grundrechtsverletzungen begeht – während viele von ihnen diese sogar gutheissen. Daran wird sich auch mit dem angekündigten Rücktritt des Frontex-Direktors Fabrice Leggeri nichts ändern.
Die Diskussion im Vorfeld der Schweizer Abstimmung zeigt beispielhaft, wie das System Frontex funktioniert. Wenn die Befürworter:innen behaupten, die Schweiz müsse die Agentur weiter finanzieren, um sie zum Besseren mitzugestalten, lenken sie vom Wesentlichen ab: davon, dass die Schweiz schon heute für die Verbrechen an den Aussengrenzen mitverantwortlich ist. Das ist ja das Problem.
Wer diese Verantwortung wirklich ernst nimmt, muss jetzt handeln. Und der einzige Hebel, der der Schweiz dafür zur Verfügung steht, ist ein Nein zur Beteiligung am weiteren Ausbau von Frontex.