Auf allen Kanälen: Applaus von rechts aussen

Nr. 33 –

Frankreichs Regierung regelt die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks neu. Dort fürchtet man um die Unabhängigkeit.

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Wenn sich Marine Le Pen über einen Regierungsentscheid freut, gilt es, hellhörig zu werden. Im Wahlkampf hatte sich die Rechtspopulistin die Abschaffung der Rundfunkgebühren in Frankreich auf die Fahnen geschrieben – nun wurde diese in zweiter Instanz vom Senat bestätigt. Immerhin bleibt die Privatisierung, die Le Pen überdies gefordert hatte, den Sendeanstalten erspart. Bloss, wie lange noch?

Bislang konnten sich die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radiosender durch die Abgabe auf Einnahmen von jährlich um die 3,4 Milliarden Euro verlassen. Diese Zahlung war an die Wohnraumsteuer geknüpft, die in Frankreich seit Mitte der siebziger Jahre erhoben wird. Durch die von Präsident Emanuel Macron beschlossene Abschaffung dieser Steuer im kommenden Jahr stellte sich also auch die Frage, wie in Zukunft die Abgaben für den audiovisuellen Sektor aufgebracht werden sollten. Macrons Regierung will den Rundfunk zukünftig aus dem Staatshaushalt finanzieren. Doch eine dauerhafte Regelung dafür muss erst noch gefunden werden.

Entlastung in Zeiten der Inflation?

In der Branche stösst die Entscheidung auf grosse Ablehnung und verursacht Ängste. Denn im Gegensatz zur bisherigen Abgabe, die sich derzeit auf 138 Euro im Jahr pro Haushalt beläuft, unterliegt eine Finanzierung durch Steuern den Budgetvorgaben der Politik. Befürworter:innen argumentieren hingegen, dass die Finanzierung durch Steuereinnahmen gerechter sei als eine einheitliche Rundfunkabgabe, bei der Einkommensunterschiede keine Rolle spielen. Für Geringverdienende ist eine Ersparnis von 138 Euro in Zeiten rasender Inflation und rasant steigender Energiepreise nicht kleinzureden, daher wird die Reform auch als Massnahme zur Stärkung der Kaufkraft angepriesen.

Dennoch befürchten Kritiker:innen, dass bald schon Sparmassnahmen im Rundfunk anstehen, gerechtfertigt durch sinkende Steuereinnahmen oder Prioritätenverschiebung im Haushalt. So könnte zumindest eine Teilprivatisierung drohen. Unter Macron ist der Rückzug des Staats aus öffentlichen Bereichen nicht neu, sondern eher Teil seiner politischen Linie; bekanntestes Beispiel ist die französische Bahn. Doch gerade hochwertige Programme wie das Radioangebot von France Culture können wohl kaum dem privaten Marktdruck standhalten. Auch für den deutsch-französischen Kultursender Arte könnten Konsequenzen drohen.

Historisch ist in Frankreich ein starker Einfluss des Staats auf die Medien gewollt – auch in Reaktion auf den Zusammenbruch der freien Presse während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Der Rundfunk wurde in der Vierten und Fünften Republik stärker etatistisch strukturiert, um ihn vor ausländischer Korruption und vor Marktkräften zu schützen. Unabhängig waren die Öffentlich-Rechtlichen also noch nie; bis vor wenigen Jahren ernannte der Staatspräsident sogar die Direktor:innen von Radio France und France Télévisions. Zu erklären ist das auch mit der herausragenden Stellung der Kultur, die in Frankreich stets betont wird und über die öffentlich-rechtlichen Medien von Staats wegen gefördert werden soll: So gibt es etwa festgelegte Quoten für französische Musik im Radio und für französische Spielfilme im Fernsehen.

Widerstand angekündigt

Künftig dürften die betroffenen Sender dem Staat aber schutzloser ausgeliefert sein denn je – oder vielmehr jenen, die gerade an der Regierung sind und über Budgets entscheiden. Deren Interessen könnten sich auch in den Programmentscheidungen wiederfinden. Dazu kommt eine grundsätzliche Frage, die sich in vielen europäischen Staaten stellt: Wie wichtig ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk für das Funktionieren von Demokratien? Gerade in Zeiten von Fake News und der erdrückenden Konkurrenz durch das Internet braucht es Qualitätsmedien, die allen zugänglich sind und die politische Prozesse kritisch begleiten.

Mit dem neuen Finanzierungsmodell schlägt Frankreich einen gefährlichen Weg ein. Schon feiert die deutsche AfD genauso wie Le Pen Macrons Weichenstellung. Immerhin regt sich Widerstand bei den Beschäftigten: Diese haben angekündigt, genau hinzuschauen, ob das Versprechen, die Unabhängigkeit des Rundfunks unangetastet zu lassen, auch eingelöst wird.