Militarismus: Das Drehbuch der Divisionäre

Nr. 48 –

Die letzte grosse Selbstinszenierung hatte im August erst stattgefunden, vergangene Woche folgte schon die nächste. Nach «Fides», der Göttin des Vertrauens, war nun «Pilum» an der Reihe: der Wurfspeer. Wer auch immer bei der Schweizer Armee für die Namensgebung zuständig ist, muss ein Faible für Mythologie und Kriegskunst der römischen Antike haben.

Und darüber hinaus auch einen vorausschauenden Sinn für Finanzpolitik. Hatte die bürgerliche Parlamentsmehrheit das Armeebudget im Sommer nämlich noch blindlings auf dereinst etwa neun Milliarden Franken pro Jahr aufgebläht, fuhr den Militarist:innen zuletzt ausgerechnet Nochfinanzminister Ueli Maurer in die Parade. Das Tempo der Budgeterhöhung müsse angesichts bevorstehender Engpässe womöglich gedrosselt werden, kündigte der einstige SVP-Verteidigungsminister an.

Vertrauen gewinnen, Durchschlagskraft demonstrieren: Just vor Beginn der Budgetdebatte im Parlament war das Timing gut, um Journalist:innen auf Nachtübungen mitzunehmen und interessierte Bürger:innen auf Social Media an der grössten Militärübung seit dem Kalten Krieg teilhaben zu lassen. Quer durchs Mittelland erprobte die Armee ihre Wehrhaftigkeit mit 5000 Soldat:innen und Hunderten Panzerfahrzeugen.

In einem «hybriden, uneindeutigen Umfeld» musste sie sich gemäss Übungsdrehbuch nicht nur gegen einen Feind von aussen behaupten, sondern auch gegen «terroristische Einzeltäter oder bewaffnete Gruppen» im Innern. An welche realen Akteur:innen die Simulation angelehnt war, bleibt Spekulation; Medienberichten entnehmen wir aber unter anderem, dass die Leopard- und Schützenpanzer der Mechanisierten Brigade 11 selbstverständlich eine Fahrbahn freiliessen, als sie auf der A1 zum Pressetermin in Othmarsingen anrollten. Die Armee, so der aufdringliche Subtext, ist Garantin von Ordnung, Ruhe und Status quo – und überlässt das Blockieren von Autobahnen Klimaaktivist:innen, die sich von der armeenahen SVP deswegen hochoffiziell als «Terroristen» beschimpfen lassen müssen. Wie massgeschneidert für das Drehbuch der Divisionäre.