Julia Mateus: «Guckt mal, was die wieder für einen Scheiss erzählt»

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Das deutsche Satiremagazin «Titanic» hat erstmals eine Chefredaktorin. Julia Mateus erklärt, warum ältere Herren ihr gerne mal Witze erklären und wieso es ein Problem ist, dass Humorlosigkeit sozial nicht akzeptiert ist.

Julia Mateus steht vor einer farbigen Hintergrund.
«Eine mit Früchten gefüllte Schale – das ist meine liebste Satiredefinition»: «Titanic»-Chefredaktorin Julia Mateus. Foto: Frederike Wetzels

WOZ: Julia Mateus, im Dezember-Editorial der «Titanic» haben Sie geschrieben: «Wenn Sie diese Zeile lesen, ist meine fünfwöchige Amtszeit schon fast wieder beendet.» Inzwischen ist diese Frist längst um, und Sie sind immer noch im Amt: Was ist schiefgelaufen?

Julia Mateus: Leider kann die siebenstellige Verlagsabfindung, von der ich dort auch berichtet hatte, zurzeit nicht abgerufen werden. So habe ich mich entschlossen, doch noch eine Weile im Amt zu bleiben.

Vermutlich wäre die Nachfolgesuche auch nicht so einfach, weil eben der Job als Satiriker:in gar nicht so einfach ist? Immerhin nimmt man ja immerzu Leute aufs Korn und macht sich Feinde. Das muss doch belastend sein.

Es kommt schon vor, dass sich Leute über unsere Witze beschweren. Aber bisher ist es eigentlich immer so gewesen, dass das dann die Redaktion als ganze betroffen hat. Natürlich sind gerade bei Frauen Hasskommentare ein grosses Thema: Man weiss ja, dass Frauen meist anders und persönlicher angegangen werden als Männer. Aber bisher hielt sich das im Rahmen.

Dann ist die Redaktion auch eine Art Schutzschild: Gegenwind trifft das Kollektiv, weniger die Einzelperson?

Genau. Abgesehen davon ist es auch manchmal schwer vorhersehbar, worüber sich die Leute aufregen – das passiert manchmal bei Dingen, bei denen man gar nicht damit rechnet. Selbst bei ganz abseitigen Themen fühlen sich manche auf die Füsse getreten.

Zum Beispiel?

Ich habe mal in unserer Rubrik «Überschätzte Lebensmittel» einen Text über Sommerrollen geschrieben, in dem die natürlich nicht gut weggekommen sind. Da gab es dann Leute, die den Text ganz furchtbar fanden und sich beschwerten, was das denn für eine Scheisse sei. Das ist vorab kaum kalkulierbar.

Zuletzt haben ja Humorist:innen wie Jan Böhmermann, Dieter Nuhr oder Lisa Eckhart immer wieder für Debatten gesorgt. Man hat den Eindruck, dass es um Satire, egal aus welcher Richtung, nicht so schlecht bestellt sein kann: Immerhin regen sich die Leute gerne über sie auf.

Es gibt schon einen gewissen Satireboom. Man sieht sehr viel mehr Formate als noch vor fünfzehn Jahren – allein wenn man in den Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen nach Satire sucht, stösst man auf Unmengen an Treffern. Satire erregt viel Aufmerksamkeit, aber dass sie deswegen eine grössere gesellschaftliche Wirkung hat, glaube ich trotzdem nicht. Schon Robert Gernhardt hielt Satire für folgenlos. Meine Vorgänger haben sich ähnlich geäussert. Als ich das aber dann neulich in einem Interview gesagt habe, wurde das interessanterweise gleich zu einer kleinen Meldung – worauf sich ein paar Männer berufen fühlten, mir zu widersprechen: Das stimme gar nicht, Satire ändere zwar vielleicht nichts am Gender-Pay-Gap, sie sei aber trotzdem nicht folgenlos.

Wenn Satire boomt, liegt das dann vielleicht daran, dass wir in einer Zeit der Polarisierung leben? Wie nehmen Sie denn diese ganzen Kulturkämpfe in der Redaktion wahr? Ist das sehr präsent bei Ihnen?

Es gibt schon Themen, bei denen wir wissen, dass sie in unserem Umfeld zum Teil anders gesehen werden als von uns – zum Beispiel das Thema Gendern. Dazu wollen wir gar keine Witze mehr machen, weil das Thema für uns durch ist. Trotzdem wird es von aussen immer wieder an uns herangetragen, was zeigt, dass es für manche immer noch eine grosse Sache ist. Wenn ich zudem in Interviews zum Gendern etwas sage, wird das dann gerne rausgepickt, und es gibt Reaktionen. Es ist eben eins der Themen, die spalten. Für uns ist das aber eigentlich erfreulich: Über solche Debatten kann man sich gut lustig machen.

Was ist denn das politische Selbstverständnis bei der «Titanic», und wie wird das gegebenenfalls neu ausgehandelt? Es gab ja zuletzt ausreichend Gelegenheit, sich in die Haare zu kriegen – allein schon, wenn man an Corona denkt …

Wir haben es selten mit Fragen zu tun, bei denen wir komplett unterschiedlicher Meinung sind. Abgesehen davon finde ich es aber gut, dass es in der «Titanic» eine gewisse Meinungsvielfalt gibt: Stefan Gärtner, der ja auch für die WOZ schreibt, vertritt beispielsweise andere Auffassungen als unser Onlinekolumnist Fabian Lichter. Hin und wieder treten Meinungsverschiedenheiten mit unserem Umfeld auf, das ist dann manchmal auch eine Generationenfrage.

Die meisten heute dürften beim Stichwort «Satire» als Erstes an den ZDF-Komiker Jan Böhmermann denken, der medial sehr präsent ist. Empfinden Sie ihn als Konkurrenz?

Nein, es gibt da ja auch personelle Überschneidungen: Leute, die für die «Titanic» geschrieben haben, sind jetzt für Böhmermann tätig. Ich persönlich schaue seine Sendung auch ganz gerne. Als «Titanic» aber unterscheiden wir mindestens 64 verschiedene Humorarten, und hinsichtlich Böhmermann gibt es da für uns ein paar Parallelen, aber auch Unterschiede.

Und die wären?

Die «Titanic» hat den endgültigen Witz, auch bedienen wir eine grössere Bandbreite an Humorformen. Generell entsteht die öffentlich-rechtliche Satire unter anderen Voraussetzungen: Sie ist gebührenfinanziert und richtet sich an ein Massenpublikum. Das, was wir machen, ist eher für die Nische. Wir haben auch keinen Bildungsauftrag und informieren weniger als Böhmermann. Ich empfinde seine investigative Satire als sehr journalistisch. Bei uns geht es eher in eine künstlerische Richtung.

Die «Titanic» ist auch abgründiger, oder?

Auf jeden Fall: Wir haben mehr diesen abgründigen Humor, und wir haben beispielsweise auch Nonsense im Heft. Bei uns gibt es randständigere Themen, und oft ist es so, dass man für unsere Texte mehr Vorwissen braucht. Ganz generell finde ich Witze schwierig, bei denen man zu viel erklären muss.

Also lieber abseitig als pädagogisch?

Die pädagogische Schiene ist jedenfalls nicht mein Fall. Auch Belehrendes oder Moralisches gefällt mir persönlich gar nicht.

Wenn die «Titanic» über sechzig Arten Humor unterscheidet – was macht denn für Sie guten Humor aus?

Er sollte dem Ernst, der ja gerade sehr präsent ist, etwas entgegensetzen können. Er darf ruhig abseitig und sollte überraschend sein. Und auch kritisch. Zumindest sind das für mich Anhaltspunkte. Aber es ist nicht so einfach in Worte zu fassen, was einen guten Witz ausmacht.

Lässt sich denn Satire definieren?

Eine mit Früchten gefüllte Schale – das ist meine liebste Satiredefinition. Ansonsten haben wir hier keine richtige Definition. Vielleicht ganz allgemein: Satire ist eine Kunstform, die auf Widersprüche mit Komik reagiert – und sich in unserem Fall meist auf Dinge bezieht, die in den Medien stattfinden, also grösstenteils aktuelle Nachrichten.

Wenn man sich die «Titanic»-Titelbilder der vergangenen Monate anschaut und zum Beispiel das sehr schöne mit Putin im Rollkragenpullover nimmt, wo er mit dem Satz zitiert wird: «Toxische Menschen entferne ich aus meinem Leben» …

Ja, dieses Titelbild hat mir auch sehr gefallen.

So ein Cover fordert ja auch zur Interpretation heraus, weil gar nicht so klar ist, was da aufs Korn genommen wird. Kann man sagen, dass für Satire auch das Spiel mit der Mehrdeutigkeit wesentlich ist?

Das würde ich auf jeden Fall so sehen.

Aber gerade wegen dieser Ambivalenz muss man doch sehr genau aufpassen, dass man nicht unbeabsichtigt in die falsche Richtung schiesst, oder?

Die Titel besprechen wir immer in der grossen Runde – da sagt dann auch jeder seine Meinung dazu. Aber dass wir jetzt gemeinsam systematisch überlegen: «Könnte ein Witz auch so oder so gelesen werden, und was ist sozusagen die schlimmstmögliche Lesart?» – das passiert eigentlich nicht bei uns. Wir machen ja Satire für ein bestimmtes Publikum, das sie in der Regel auch versteht. Wir könnten auch gar nicht so arbeiten, dass es noch der Blödeste rafft – das geht nicht.

Apropos verblödete Menschen: Heutzutage hat ja jeder zweite rechte Twitter-Account den Verweis stehen: «Kann Spuren von Satire/Ironie enthalten.» Gibt es so etwas wie eine Satireinflation?

Auf jeden Fall. Das merkt man auch daran, dass man Satire gern mal ungefragt erklärt bekommt. Immer wieder kommt es vor, dass Leute etwas einschicken, das ich ablehne, weil es mir nicht gefällt. Dann wird mir der Witz in der nächsten Mail noch mal erklärt. Es gibt da viele, die sich für Experten halten – und die sind meist eben männlich und kommen aus der Boomergeneration.

Was halten Sie von der Gegenwartskritik, dass der Zeitgeist übermässig ironisch sei und noch der grösste Missstand einfach weggelächelt werde?

Für mich klingt das etwas klischeehaft. Gerade in den sozialen Medien wird ja gerne mal gestritten, was als Witz verstanden wird und was nicht. Und mir passiert es immer wieder, dass ich online einen Witz mache, den Leute dann ernst nehmen, teilen und kommentieren: Guckt mal, was die wieder für einen Scheiss erzählt! Und es sind wieder vor allem ältere weisse Männer, denen es plausibler erscheint, dass eine Frau irgendeinen Schwachsinn redet, als dass sie einen Witz macht. Selbst wenn es sich im konkreten Fall um die «Titanic»-Chefredakteurin handelt. So schlimm das klingt: Es ist teilweise immer noch so.

Wenn Sie sagen, dass Satire immer folgenlos bleibe, dann werden Sie das doch nicht wirklich so sehen, oder? Sonst würden Sie doch den Job nicht machen.

Es kommt immer darauf an, was man als Wirkung definiert. Ich glaube, dass Satire nichts an den politischen Verhältnissen ändert, auch wenn sie im Kleinen schon immer wieder Wirkung hat: Klassische Beispiele wären der frühere «Titanic»-Chef Martin Sonneborn mit seinem WM-Kauf oder Böhmermann mit dem Erdoğan-Schmähgedicht. Aber eigentlich verfehlt die Frage nach der Wirkung von Satire deren Hauptzweck. Satire soll ein Gegengewicht zum Ernst schaffen, sie soll für Entlastung sorgen, sie soll helfen, das Nachrichtengeschehen zu verarbeiten, indem sie diesem etwas Lustiges abgewinnt, auch wenn natürlich alles schlimm ist. Schon indem man aber danach fragt, ob denn Satire irgendeine politische Wirkung hat, wird sie bereits auf diese Wirkung reduziert – als ob die erst ihre Existenzberechtigung ausmachen würde. Das ist falsch gedacht: Satire muss nicht nützlich sein. Sie ist eine Kunstform – und dieser Kunstform ist kein konkreter Nutzen abzuverlangen.

Zum Putin-Cover fanden sich auf Twitter Kommentare wie: Haha, die Geflüchteten aus der Ukraine werden das sicher wahnsinnig witzig finden. Nerven solche moralisierenden Reaktionen?

Damit beschäftigen wir uns eigentlich weniger. Ich finde schon, dass man weiterhin Witze über Putin machen sollte. Tatsächlich ist es so, dass gerade Witze, die irgendwie mit psychischer Gesundheit zu tun haben, immer anfällig dafür sind, dass sich Leute beschweren. Das war auch so bei unserem «Hatte Hitler ADHS?»-Witz. Da haben dann Leute druntergeschrieben: «Euer fucking Ernst, ‹Titanic›!?» Manchmal sind die Reaktionen eben auch lustig.

Sind die Leute heute empfindlicher als früher? Oder ist das eine Legende?

Was sicher falsch ist, ist die Meinung, dass die Empfindlichkeiten nur aus dem linken Lager kämen. Das wird ja gerne von Konservativen behauptet, gerade auch aus der Boomergeneration, dass die jungen, linken Woken nichts mehr vertragen würden und keinen Humor mehr hätten. Das stimmt sicher nicht. Andererseits kann es schon sein, dass die Empfindlichkeit generell zugenommen hat. Aber das hat mehrere Ursachen. Es ist heute leichter, auf Witze zu reagieren: Ein Facebook-Kommentar ist schnell verfasst, der Leserbrief früher war aufwendig.

Ein anderer Punkt sind auch die Social-Media-Accounts von Unternehmen, die eine lustige Twitter-Kommunikation pflegen. Wenn eine Supermarktkette auf ihrem Twitter-Kanal einen Witz macht, der dann für geschmacklos befunden wird, dann entschuldigen sich die allermeisten Unternehmen dafür und löschen den Witz. Das verändert die Erwartungshaltung. Wir aber entschuldigen uns grundsätzlich nicht. Ausserdem ist es wohl auch ein Problem, dass es so negativ besetzt ist, wenn Leute mit Witzen gar nichts anfangen können. Das baut Druck auf: Niemand will als humorlos dastehen. Dann meinen diese Leute, gegen Witze argumentieren zu müssen. Wenn es dagegen einfach sozial akzeptiert wäre zu sagen: «Okay, ich kann damit gar nichts anfangen», dann wäre das wohl weniger anstrengend.

Dass sich die «Titanic» nie für Witze entschuldigt, ist sozusagen Blattlinie?

Wir versuchen in jeder Situation, den bestmöglichen Witz zu machen. Klar gibt es rückblickend Artikel, bei denen man denkt: Na ja, würde man heute vielleicht anders machen. Aber wir entschuldigen uns nicht, das ist einfach so.

Vergangenen März war auf dem «Titanic»-Cover eine Deutschlandkarte mit Pfeilen auf die östlichen Bundesländer zu sehen. Dazu war zu lesen: «Putin! Nimm die Westukraine!» Dieses Heft dürfte genau am 24. Februar erschienen sein, am Tag von Russlands Angriff auf die Ukraine. Haben Sie dieses Timing damals bedauert?

Die russische Invasion konnten wir so natürlich nicht vorhersehen, als wir den Titel entworfen haben – das war anderthalb Wochen davor. Hätten wir es gewusst, kann es schon sein, dass wir einen anderen Ansatz gewählt hätten. Andererseits weiss ich aber auch nicht, ob es besser gewesen wäre, wenn wir stattdessen ein ganz anderes Thema – Heuschnupfen beispielsweise – zu diesem Zeitpunkt auf dem Titel gehabt hätten.

Auf Twitter gab es einige entrüstete Kommentare.

Es gab schon ein paar Reaktionen, auch auf Facebook. Aber ich glaube, die meisten Leute wissen, wie das mit der Vorlaufzeit bei Printmedien funktioniert – vermutlich selbst auch einige von denen, die sich dann furchtbar aufgeregt haben. Viele stehen einfach im Alltag unter Druck und brauchen manchmal ein Ventil, das ist vermutlich ein Grundproblem der sozialen Medien. Dieser Druck entlädt sich dann bei Gesundheitsminister Karl Lauterbach und manchmal eben auch bei uns.

Dem «Spiegel» haben Sie gesagt, die klassische Klage sei Ihnen lieber als ein Shitstorm. Kann man daraus Vorbehalte gegenüber sozialen Medien wie Twitter heraushören?

Nein, nicht unbedingt Vorbehalte. Bei einer Klage, wenn sich Anwälte mit einem beschäftigen, fühlt man sich einfach wertgeschätzter. Das ist auch interessanter, weil ein Anwalt ja dann so ein Schreiben aufsetzen und sich dafür etwas aus den Fingern saugen muss. Ein Shitstorm ist dagegen schnell losgetreten und im Vergleich ein bisschen lieblos.

«Titanic» : Goethe auf Twitter

«Erster Kriegswinter seit 78 Jahren: Müssen wir wieder unsere Soldaten verheizen?», fragt die «Titanic» in ihrer Januarausgabe, dazu ist eine Schwarzweissaufnahme von mit Stahlhelmen geschmückten Holzkreuzen zu sehen. Womöglich meint Julia Mateus, die neue Chefredaktorin des Satiremagazins, Beiträge wie diesen, wenn sie sagt, «die härteren Sachen» würden eher ins Heft wandern und nicht auf die Website – nicht dass noch ein guter böser Witz in die falschen Hände gerät.

Ansonsten greift die neue Nummer den Dauerbrenner «die Deutschen und der Zweite Weltkrieg» nicht mehr auf, lieber arbeiten sich die Frankfurter Satiriker:innen an Gegenwärtigem ab. So gibt es einen doppelseitigen Leitfaden zur derzeit vieldiskutierten Twitter-Alternative Mastodon (der «Guide» ist im Wesentlichen ein Schaubild, das mindestens so komplex ist wie der Aufbau des Fediverse selbst) und ein grosses Immobilienspecial samt umfangreichem Kleinanzeigenteil («Bin kurz einkaufen … Vermiete möbliertes Zimmer in Berlin Neukölln, 750 Euro»). Weniger auf das Zwerchfell denn aufs Hirn zielt der lesenswerte Essay «Goethe hätte getwittert»: Michael Ziegelwagner widmet sich darin der verbreiteten Unsitte, berühmten historischen Figuren Charaktereigenschaften zuzuschreiben, die sie angeblich fürs Mitmachen bei heutigen popkulturellen Trends (Serien, Rap, soziale Netzwerke) prädestiniert hätten. Ein weiterer «Longread» im Heft kommt von WOZ-Kolumnist Stefan Gärtner, der regelmässig für die «Titanic» schreibt: Anlässlich der Debatten um die Fussball-WM in Katar räsoniert er über symbolischen Protest und (die Wut auf den) Gratismut. Dazu kommen Rubriken wie die «Briefe an die Leser», die «Humorkritik» und – seit einiger Zeit – das lustige «Knasttagebuch» des tief gefallenen deutschen Tennisstars Boris Becker.

Die Januarausgabe ist die zweite Nummer, die Julia Mateus als Chefredaktorin verantwortet. Die 38-Jährige übernahm im Herbst 2022 von Moritz Hürtgen. Mateus schrieb zwar schon während ihres Studiums (Soziologie, Psychologie, Kommunikationswissenschaft) für die «Titanic», ihr Aufstieg zur Chefredaktorin ging dennoch vergleichsweise rasch: Die aus Norddeutschland stammende Autorin ist erst seit 2020 fest angestelltes Redaktionsmitglied. Insgesamt zählt die Redaktion sieben Köpfe, die Frauen sind inzwischen in der Überzahl.

Auch bei der «Titanic», die 1979 von ehemaligen Mitgliedern der Satirezeitschrift «pardon» gegründet wurde, ist die Auflage über die Jahre geschrumpft: Druckte man in den achtziger Jahren noch über 100 000 Hefte, liegt die Auflage heute nach eigenen Angaben bei 37 000 Exemplaren. In Existenznöten ist man deswegen aber nicht. «Wir haben zum Glück einen recht treuen Abonnent:innenstamm», sagt Mateus: «Deswegen ist der Auflagenverlust bei uns nicht so krass wie bei anderen. Trotzdem freuen wir uns natürlich auch immer über neue Abonnent:innen.» Für das selbstgesteckte Ziel der neuen Chefredaktorin, irgendwann «der letzte Printtitel am Markt» zu sein, ist das schon mal nicht die schlechteste Voraussetzung.

www.titanic-magazin.de