Schauspielhaus Zürich: Was für ein Trauerspiel

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Nicolas Stemann und Benjamin von Blomberg, die Ko-Intendanten am Schauspielhaus Zürich, müssen auf Ende der kommenden Theatersaison gehen. «Wir hätten das Projekt gerne weitergeführt», so Stemann. Entsprechend hätten sie «bis zum letzten Moment» dafür gekämpft. Dass ihr Kampf aussichtslos sein würde, hatte sich zum Zeitpunkt der offiziellen Verlautbarung am Montag indes längst abgezeichnet. Es war ein Trauerspiel – massgebend inszeniert von Tamedia und der NZZ-Gruppe.

Die Stadt Zürich, so das Mantra seit Monaten, subventioniere «ein sektiererisches Gesellschaftsexperiment», «woker Wahnsinn» sei das. Mitunter attackiert die NZZ die Intendanten direkt: «Alle und alles zu fördern, was nicht männlich und weiss ist, ist ein probates Mittel, um als weisser Mann im linken Milieu – aber nicht nur da – an der Macht zu bleiben.» Die «SonntagsZeitung» doppelt bald darauf mit dem Titel «Umstrittene Schauspielhaus-Direktoren wollen mehr Geld» nach, unterstellt gar: «Mit einem Trick könnten sie die geforderten Millionen erhalten.»

Der Grund für die Geldnot, schreibt der «Tages-Anzeiger» dann eine Geschichte fort, die sich zu diesem Zeitpunkt längst im Kreis dreht: «‹Wokes› Theater führt zu Publikumsschwund». Die Aktionäre fühlten sich «in ihrem Theater» nicht mehr zu Hause, weiss wiederum die NZZ zu berichten und zitiert einen früheren Intendanten, der über das «subventionierte Woke-Gefühl» schimpft, sowie eine FDP-Gemeinderätin, die findet, ein «so hoch subventioniertes Theater» müsse sich «am Publikumsinteresse orientieren».

Der «Tagi» führt Regie mit der Rede vom «Mottbrand am Pfauen», um dann am Freitag zu verkünden: «Die Verhandlungen sind gescheitert. Es gibt keine Verlängerung.» Obwohl diese Meldung noch unbestätigt ist, verabschiedet man die Intendanten bereits herablassend mit einem «Sie haben sich sehr bemüht». Am Montag erklärt der Verwaltungsrat, man habe sich nicht «auf eine gemeinsame betriebswirtschaftliche Ausrichtung» verständigen können. Doch für derlei Fakten interessiert sich die mediale Dramaturgie rund um die herbeigeschriebene «Burg der woken Weltordnung» nur am Rand: So geht Cancel Culture.