Film: Prägnant wie ein Hufeisen

Nr. 7 –

«Pamfir» bedeutet Stein, und Pamfir heisst so, weil er früher der Stärkste war, im Zweikampf alle geschlagen hat. Aber er war lange weg, sein Sohn ist inzwischen gross geworden. Eigentlich heisst Pamfir Leonid, das in Polen verdiente Geld ist ehrlich, aber es reicht nicht. Pamfir will zurück, seine Frau Olena will ihn dabehalten, und Nazar, sein Sohn, sowieso. Nazar zündet eine Kirche an, ohne es zu wollen oder vielleicht doch, und Leonid verspricht, den Schaden zu bezahlen, wozu das polnische Geld aber nicht ausreicht.

Die Geschichte in «Pamfir» ist so prägnant gestrickt wie Leonids Hufeisenbart; sie geradlinig zu nennen, wäre falsch, aber ihre Wendungen sind klar und unausweichlich. Man könnte sie auch mit einem Schmugglerpfad vergleichen, mäandrisch, aber effizient. Jedenfalls fängt Leonid jetzt doch wieder mit dem alten Familienhandwerk an, obwohl er sich und seiner Frau geschworen hatte, rechtschaffen zu werden. Regisseur Dmytro Sukholytkyy-Sobchuk beschreitet diesen Pfad mit dem Selbstbewusstsein eines Mythenerzählers. Ohne Ablenkungen strebt er auf das Ende zu, ein Ende, so exzessiv wie die Karnevalsnacht Malanka, in der die Protagonisten kunstvolle Strohkostüme und Masken anziehen, um unerkannt böse Dinge im Dienst des Guten zu tun, weil die guten, ehrlichen Dinge von der Korruption hinweggerafft wurden.

Die Figuren sind so archetypisch wie ihre Namen, das inoffizielle böse Oberhaupt des Dorfes heisst gar Orest, die Kamera liebt es, mit Primärfarben zu spielen, und der Schluss stammt aus der klassischen Tragödie. Dass der Film im Westen der Ukraine spielt, im Oblast Tscherniwzi nahe der Grenze zu Rumänien, mag ihr zusätzliches Gewicht verleihen. Und Sukholytkyy-Sobchuk glaubt, dass die Grundlagen für den Freiheitskampf nicht in den letzten zehn oder dreissig Jahren, sondern während Jahrhunderten gelegt wurden. Jetzt dokumentiert er, wie die meisten ukrainischen Filmschaffenden, den Krieg und seine Folgen, und vielleicht sind nationale Mythen nicht in jedem Fall schädlich.

Filmstill aus «Pamfir»: eine unheimliche Figur mit Holz-Maske und Strohüberwurf steht in einem Schupen

«Pamfir». Regie und Drehbuch: Dmytro Sukholytkyy-Sobchuk. Ukraine 2022. Jetzt im Kino.