Literatur: Verhör im All

Nr. 12 –

Buchcover von «Die Angestellten. Ein Roman über Arbeit im 22. Jahrhundert»
Olga Ravn: «Die Angestellten. Ein Roman über Arbeit im 22. Jahrhundert». Aus dem Dänischen von Alexander Sitzmann. März Verlag. Berlin 2022. 143 Seiten. 30 Franken.

Wie werden wir in Zukunft arbeiten? Der Science-Fiction-Roman «Die Angestellten» der dänischen Schriftstellerin Olga Ravn hat hierzu zumindest eine gute Botschaft parat: Im 22. Jahrhundert wird es Jobs auch weit draussen im All geben. Weniger erfreulich: Die Managementmethoden der Bosse werden auch dann noch nicht allzu menschenfreundlich sein.

Ravns Roman besteht aus Mitschriften, die eine Untersuchungskommission von der Vernehmung der Besatzung eines Raumschiffs angefertigt hat. Dieses hat im Weltall einen neuen Planeten entdeckt und von dort mysteriöse Objekte geborgen. Die Befragungen sollen nun beleuchten, «welchen möglichen Einflüssen die Angestellten eventuell ausgesetzt gewesen sein müssen» und inwiefern diese «zu einer Verminderung oder Steigerung ihres Arbeitseinsatzes» geführt haben – so heisst es bürokratisch im Vorwort. Danach folgen Dutzende anonymisierte Protokolle, die multiperspektivisch das Geschehen an Bord schildern – mal nur in wenigen Sätzen, mal auch über zwei Seiten. Sicherheitshalber hat man die Angestellten isoliert voneinander befragt: Man weiss ja, dass es unbequem wird, wenn Arbeiter:innen mit einer Stimme zu sprechen beginnen.

In einem Interview hat Ravn, die sich bislang als Lyrikerin einen Namen gemacht hat, erzählt, dass sie Berichte heimgekehrter Nasa-Astronaut:innen zu dieser Romanstruktur inspiriert hätten. Diese hätten sich allesamt derart der Raumfahrtbehörde ergeben geäussert, dass es geradezu verdächtig gewirkt habe. Auch ihr Buch spielt mit der Spannung zwischen dem, was zu Protokoll gegeben wird, und dem, was bloss zwischen den Zeilen zu spüren ist. Diese Unschärfe erfordert eine detektivische Lesehaltung. Schnell wird klar, dass es der Autorin noch um mehr geht als um die Kritik der Arbeit: Mal klingt H. P. Lovecrafts kosmischer Horror an, mal meditiert das Buch über die Frage, was Mensch, Maschine und Ding trennt, aber eben auch verbindet. Viel aufregender Stoff also für einen so schmalen Band.