CS-Session: Fünf vor zwölf fürs Parlament

Nr. 15 –

Die denkwürdige Abstimmung fand kurz vor Mitternacht statt: Um 23:54:56 Uhr am Dienstagabend, also nicht nur sprichwörtlich um fünf vor zwölf, lehnte der Nationalrat die Unterstützung des Bundes für die Credit Suisse in der Gesamthöhe von 109 Milliarden Franken ab. Ein effektvolles Signal: Grüne, SP und SVP brachten damit ihre Grundsatzkritik an der CS-Rettung durch Finanzministerin Karin Keller-Sutter und die Bankkader zum Ausdruck. Ein wirkungsloses Signal aber auch: An der Unterstützung gibt es vertraglich nichts mehr zu rütteln, das Geld ist gesprochen.

Immerhin brachte das nächtliche Nein Bewegung ins Bundeshaus; damit an der ausserordentlichen CS-Session nicht nur Reden gehalten werden, sondern auch erste Schritte hin zur Regulierung erfolgen. Der Ständerat, der sich anfänglich im Nichtstun übte, nahm am Mittwochmorgen einen Vorschlag zur Überarbeitung des Bankengesetzes an. Ursprünglich von der SP verfasst, sollten damit eine Erhöhung der Eigenkapitalvorschriften und eine Einschränkung bei der Bonivergabe erfolgen. Knapp scheiterte die Prüfung eines Trennbankensystems, wie es die Grüne Lisa Mazzone anregte. Grüne, SP und SVP hätten die Mehrheit gehabt. Doch die SP-Abweichler:innen Eva Herzog, Daniel Jositsch und Roberto Zanetti sagten Nein, ganz im Sinn der Grossbanken.

Als Brückenbau lobten die Ständerät:innen ihren Vorschlag, und auch Keller-Sutter zeigte sich plötzlich begeistert davon. Würde die SP ihre Meinung ändern und nun zustimmen? Sie folgte den Schalmeienklängen nicht, der Nationalrat lehnte die Gesamtvorlage ein zweites Mal ab. Wie es mit der Bankenregulierung nun weitergeht, ist völlig offen. Zwar gibt es eine Mehrheit für ein grosses Nein, aber keine für einen konkreten Weg.

Klar ist nur: Fürs Parlament selbst steht die Uhr auf fünf vor zwölf. Ob in der Coronapolitik oder bei der Bankenrettung: Gegenüber der Exekutivmacht ist die Legislative historisch schwach. Wie das Parlament gestärkt werden kann, ist eine der grossen Fragen für die Zeit nach den Wahlen im Herbst.