Klimaschutzgesetz: Anders heizen gegen die Hitze

Nr. 22 –

Bringt das Klimaschutzgesetz, was es verspricht? Das Parlament hat die Vorlage maximal mehrheitsfähig gestaltet: Die Verminderungsziele müssen «technisch möglich und wirtschaftlich tragbar» sein. Anreize, nicht Verbote sollen zum Ziel führen (siehe WOZ Nr. 15/23). Am konkretesten bei den Gebäuden: Der Bund fördert zehn Jahre lang den Ersatz von fossilen und elektrischen Heizungen mit total zwei Milliarden Franken. Ein riesiges Investitionsprogramm, von dem die Baubranche, die Hauseigentümer:innen und bei einer korrekten Umsetzung auch die Mieter:innen profitieren, weil Heizen günstiger wird. Wie breit abgestützt die Vorlage ist, zeigen die Schlussabstimmungen im Parlament: Im Nationalrat gab es 51, im Ständerat nur 4 Gegenstimmen.

Doch der SVP und dem Hauseigentümerverband sind die ganzen Kompromisse – und die Vorteile für die eigene Klientel – egal. Sie fluten die Schweiz mit einer aggressiven Kampagne gegen das «Stromfressergesetz» und schrecken dabei auch vor Unwahrheiten nicht zurück. Darum hat es auch keinen Sinn mehr, Details der Vorlage von links kritisch zu zerpflücken. Denn die wahre Abstimmungsfrage ist längst eine andere: Nehmen wir die Klimaerhitzung ernst oder nicht?

Mit einem Ja lassen sich die Inlandemissionen schnell und deutlich senken. Denn die Anreize beim Heizungsersatz wirken. Das zeigt der Kanton Bern, der bereits ein ähnliches Gesetz hat. Ein Nein hätte verheerende Auswirkungen auf die ganze Umweltpolitik der nächsten Jahre und würde die destruktive Politik der SVP auch in anderen Bereichen stärken.

Der Abstimmungskampf dreht sich vor allem um einen Aspekt: Gibt es genug Strom? Die Dekarbonisierung sei nur mit der totalen Zerstörung der Schweizer Landschaften zu haben, suggeriert die SVP und präsentiert übertriebene Zahlen zum Solar- und Windkraftausbau. Kein Wunder, dass sie auf diese Karte setzt: Das Parlament hat sich geweigert, griffige Regeln für einen Solarausbau auf Dächern und Anlagen auszuarbeiten, obwohl sich damit ein grosser Teil des Strommehrbedarfs für die Dekarbonisierung decken liesse. Stattdessen will es auf den Ausbau der Wasserkraft plus Solar- und Windkraft in der Landschaft setzen – obwohl die Bevölkerung das kritisch sieht. Da kann man es der SVP nicht einmal verübeln, dass sie in ihrer Abstimmungszeitung zur Abschreckung eine Visualisierung des gigantischen (aber inzwischen redimensionierten) Projekts «Grengiols-Solar» zeigt.

Die Angriffe auf das Umweltrecht, ja auf staatsrechtliche Prinzipien überhaupt, wie sie sich insbesondere der Ständerat und dessen Umweltkommission (Urek-S) im Namen der Energiewende leisten, sind beunruhigend. Da werden munter Detailprojekte in Gesetze geschrieben, wie es Lobbyvertreter:innen gerade passt, das Umweltrecht ausgehebelt, Vorlagen ohne sachlichen Grund für dringlich erklärt. Bleibt zu hoffen, dass der Ständerat am Erscheinungstag dieser WOZ den Kurs noch ändert.

Ein anderes Geschäft zeigt gut, wie die Urek-S tickt: Die Kommission, die sich bei der Energiepolitik als Klimaretterin aufspielt, hält es nicht einmal für nötig, dass ein Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative ausgearbeitet wird. Wer sich aber mit dem Klimanotstand ernsthaft auseinandersetzt, weiss, dass er kein isoliertes Phänomen ist. Hitze und Dürre töten Tiere und Pflanzen, lassen Wälder absterben, was wiederum die Hitze verstärkt. Umgekehrt können widerstandsfähige Ökosysteme die Erhitzung abdämpfen, indem sie etwa Wasser zurückhalten. «Klimaschutz», der Biodiversität zerstört, ist kurzsichtig und dumm.

Wir stimmen am 18. Juni nicht über die Energiepolitik des Parlaments ab, auch wenn die Gegner:innen dies so darstellen. Im Gegenteil: Das Klimaschutzgesetz erlaubt es Umweltschützer:innen, die die Energiepolitik mit Sorge verfolgen, deutlich Ja zum Klimaschutz zu sagen. Diesen Grundsatzentscheid braucht es – das Engagement dafür, dass die Energiewende nicht auf Kosten von Landschaften und Ökosystemen geht, braucht es auch.