OECD-Mindeststeuer: SRF erliegt PR-Spin

Nr. 20 –

Bald wird über die OECD-Mindeststeuer abgestimmt. Nun streuen Medien die absurde Behauptung, die SP sei gegen höhere Steuern für Konzerne.

Egal wie man zur OECD-Mindeststeuer steht, über die Mitte Juni abgestimmt wird: Es sollte Konsens sein, dass die Stimmbürger:innen gut informiert sein sollen, um sich eine fundierte Meinung bilden zu können. Inzwischen verbreitet aber selbst das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) eine Behauptung, die schlicht falsch ist. Und das ist kein Zufall: Diese wird seit Monaten von den rechten Befürworter:innen der Vorlage gestreut.

Im Grunde ist die Sache nicht sonderlich kompliziert: Ende 2021 entschieden rund 140 Länder unter der Führung der OECD, dass Grosskonzerne künftig weltweit mindestens fünfzehn Prozent Steuern zahlen sollen. Falls ein Land weniger von seinen Grosskonzernen verlangt, sollen andere Länder, in denen die Firmen ebenfalls operieren, die Differenz einstreichen können. Die Steuer kommt in der Schweiz also sowieso. Auch herrscht unter Parteien der Konsens, dass die Steuern auf fünfzehn Prozent erhöht werden sollen.

Gestritten wurde im Parlament lediglich darüber, wer die Zusatzeinnahmen von 1 bis 2,5 Milliarden Franken erhalten soll, die anfallen, wenn alle Grosskonzerne mindestens fünfzehn Prozent Steuern zahlen. SP, Grüne, NGOs und einzelne Kantone wie Bern verlangten, dass mindestens 75 Prozent des Geldes an den Bund gehen, der diese für Kitas, Entwicklungsprojekte oder andere dringende Ausgaben nutzen könnte. Durchgesetzt hat sich jedoch eine Koalition aus Economiesuisse, Steuerparadiesen wie Zug, der FDP, der SVP und Exfinanzminister Ueli Maurer: Nun sollen 75 Prozent an die Kantone und nur 25 an den Bund gehen.

Mit weitreichenden Folgen: Das meiste Geld würden Basel-Stadt und Zug kassieren, die dieses an die Konzerne und deren Kader zurückschleusen wollen – etwa durch Forschungssubventionen oder die Senkung der Vermögenssteuer. Erstens würde die Bevölkerung damit fast leer ausgehen (siehe WOZ Nr. 18/23). Zweitens würde die Schweiz damit die globale Mindeststeuer faktisch aushebeln.

Es ist nur logisch, dass die SP im Februar deutlich die Nein-Parole beschloss – um die Vorlage dem Parlament zur Korrektur zurückzuschicken. Im Parlament hatten auch GLP-Präsident Jürg Grossen oder Mitte-Mann Markus Ritter laut vor einer gefährlichen Verschärfung des innerkantonalen Steuerwettbewerbs gewarnt. Erst als ein Kompromiss scheiterte, gaben GLP und Die Mitte nach. Kurz nach dem SP-Entscheid suggerierte die NZZ in einem schwammigen Kommentar, dass die SP nun absurderweise gegen höhere Konzernsteuern sei. Bürgerliche wie Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter, die von Anfang an mit FDP und SVP gestimmt hatte, doppelten nach.

Ein offensichtlicher Unsinn – mit der Absicht, Linke für die rechte Vorlage zu gewinnen. Doch der PR-Spin war erfolgreich: Seither sind unzählige Beiträge in Medien erschienen, die behaupten, bei der Abstimmung gehe es um die Frage einer Steuererhöhung. Ob aus mangelnder Zeit zur Recherche oder mit Absicht, sei dahingestellt. Nun verbreitet auch SRF die verdrehten Fakten: 84 Prozent der Bevölkerung fänden, «dass Grosskonzerne mit mindestens 15 Prozent besteuert werden sollen», hiess es am Freitag – und suggeriert, dass die anderen dagegen sind. Tags zuvor endete ein Radiobeitrag mit der verdrehten Behauptung, dass die SP sich «für einmal» gegen Steuererhöhungen für Konzerne einsetze.

Dass laut SRF über achtzig Prozent der Linken für eine Vorlage stimmen wollen, die Economiesuisse, FDP, SVP und Maurer gegen den Willen von SP, Grünen, GLP, Mitte-Partei und auch bürgerlichen Kantonen wie Bern durchgedrückt haben, legt nahe, dass der PR-Spin verfängt. Als die Schweiz 2017 auf Druck der OECD Steuerprivilegien für Konzerne aufheben musste und die gleiche rechte Koalition diese mit neuen Privilegien kompensieren wollte, scheiterte die Vorlage mit 59,1 Prozent der Stimmen.

Egal wie die Abstimmung ausgeht: Die Stimmbürger:innen sollen wissen, über was sie abstimmen. Statt zusätzliche Verwirrung zu stiften, sollte insbesondere das öffentlich-rechtliche SRF seinen dringend nötigen Informationsauftrag erfüllen.