Erwachet!: Hoffnung und Zuversicht

Nr. 26 –

Michelle Steinbeck über die Generation Z

«Die beste Generation, die es je gab», titelte vor kurzem der deutsche «Tagesspiegel». Der Artikel ist eine Hymne an die Frauen der Gen Z, genauer an ihre Stellvertreterinnen Shelby Lynn und Kayla Shyx, die im Internet teilten, was ihnen bei Rammstein-Konzerten widerfahren ist. Deren Beispiel ermutigt Autorin Julia Bähr zur These, die heute Anfang Zwanzigjährigen könnten es schaffen, «das Patriarchat endgültig zu besiegen».

Hehre Hoffnungen in die junge Generation wurden kürzlich auch in einem Kleinbasler Internetcafé diskutiert. Im «Planet 13», einer Initiative für Armutsbetroffene, findet jeden Montag die «Uni von unten» statt. Unter dem Titel «Kapitalismus am Ende?» fasste dort der emeritierte Soziologieprofessor Ueli Mäder aktuelle Literatur zum Thema zusammen. Und kam zum Schluss: Durch die zeitgenössischen Werke ziehe sich trotz aller offenkundigen Krisenhaftigkeit eine Zuversicht – im Hinblick auf die junge Generation.

Überwindet die Gen Z den Kapitalismus? So weit lehnt sich an diesem Abend niemand aus dem Fenster. Dass gewisse junge Menschen heute bewusster ihre Grenzen kennen und setzen und sich deshalb weniger ausnutzen lassen, scheint aber eine geteilte Beobachtung zu sein. Viele im Publikum, überwiegend Senior:innen, äussern positive Eindrücke: Sie sehen die jungen Leute als solidarisch, wach, humorvoll; sie hätten weniger Angst, Fehler zu machen. Das könnte an einer gewissen Resignation liegen, mutmasst eine, die umso mehr Freiheit erlaube.

Den Mut der Gen-Z-Frauen bewundert auch Julia Bähr: «Ihr seid so viel tougher und klüger, als wir es jemals waren. Ihr wisst, wie es geht. Ihr schliesst euch zusammen. […] Ihr seid die Generation, die sich lautstark wehrt.» Dies auf eine Art, die sowohl im «Tagesspiegel» als auch im «Planet 13» auf Anerkennung stösst: Die Kommunikations- und Konfliktkultur der Jungen wirkt beeindruckend. Da wird etwa die entwaffnende Verletzlichkeit einer «Klimakleberin» beschrieben, die bei einem Podiumsgespräch auf die ihr entgegenschlagende Ignoranz schlicht geantwortet haben soll: «Das macht mir Angst.» Julia Bähr erwähnt die scharfe Analyse der Machtverhältnisse im Fall Rammstein, die Kayla Shyx auf Youtube zu ihren eigenen Erfahrungen liefert.

Dieses Wissen und Selbstvertrauen der jungen Menschen kämen nicht von ungefähr, meint eine Zuschauerin im «Planet 13»: «Sie stehen auf unseren Schultern.» Gleichzeitig, meint ein anderer, müssten sie die Fehler der vorherigen Generationen ausbaden. Auch Bähr äussert Selbstkritik an der eigenen Altersklasse: Es sei beschämend und frustrierend, dass Mädchen und junge Frauen heute noch dasselbe Unrecht erleben müssten wie sie früher.

Dass der Backlash aber auch in der jungen Generation spürbar sei, wirft eine Oberstufenlehrerin ein: Sie sehe in ihren Klassen mitnichten nur feministische oder Klimaaktivist:innen. Emanzipatorisches Engagement könnten und wollten (sich) nicht alle leisten. Trotzdem ist die Hoffnung in die junge Generation gross, darin scheint das Basler Publikum im «Planet 13» mit der Journalistin Bähr einig: «Wir glauben an euch – vielleicht mehr als ihr selbst.» Deshalb liege es in der Verantwortung aller Älteren, die Jüngeren in ihren Kämpfen zu unterstützen. «Wendet euch an uns», fordert Bähr, «holt uns ins Spiel, wenn ihr uns braucht.» Wie wir uns auch aktiver beteiligen können, darüber lohnt es sich nachzudenken.

Michelle Steinbeck ist Autorin und noch immer Studentin der Soziologie.

Die «Uni von unten» im «Planet 13» ist offen für alle, jeweils am Montagabend.