E-Patient:innendossier: Idee gut, Umsetzung ungenügend

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Was ist das grösste digitale Projekt der Schweiz? Sie wissen das nicht? Kein Problem: 2020 haben in einer Umfrage des Forschungsinstituts GfS zwei Drittel der Befragten das Elektronische Patient:innendossier (EPD) nicht gekannt – obwohl seit 2007 daran gearbeitet wird und es seit 2017 ein Bundesgesetz dazu gibt. Basierend auf einem einheitlichen Informationssystem, sollen alle persönlichen Gesundheitsinformationen zusammengeführt werden. Die Erteilung der Zugriffsrechte obliegt den Patient:innen, elektronisch verwaltet wird das System von nicht gewinnorientierten Zusammenschlüssen aus Gesundheitsprofis und -organisationen. Damit, so die Idee des Bundes, sollen Behandlungsqualität und Patient:innensicherheit erhöht und Kosten gesenkt werden.

Ursprünglich hätten schon 2020 alle Spitäler mitmachen sollen. Bislang beteiligen sich aber erst 44 Prozent. Offenbar überwiegt die Ansicht, dass das EPD in seiner jetzigen Form zu kompliziert und entsprechend zeitaufwendig ist. So sagte Yvonne Gilli, Präsidentin der Ärzt:innenvereinigung FMH, gegenüber SRF: «Was wir auf gar keinen Fall brauchen, ist eine zusätzliche Administrativlast, sodass noch mehr Fachleute aussteigen.» Noch sei das EPD in seiner statischen Ausgestaltung nicht auf die Optimierung der Behandlungsprozesse ausgelegt, schreibt die FMH. «Die Unterstützung weiterer Prozesse wie etwa eine Übersicht über die bisherige und aktuelle Medikation konnte mit der derzeitigen Gesetzesgrundlage nicht erreicht werden.»

Letzte Woche hat nun Alain Berset den Turbo gezündet und die Revision in die Vernehmlassung geschickt. Nach seinem Willen sollen Hausärztinnen, Apotheker und Physiotherapeut:innen bei Nichtbeteiligung bestraft werden – bis zum Entzug der Möglichkeit, über Krankenkassen abzurechnen. Zudem sollen die Versicherten automatisch eine Akte bekommen – wer keine will, müsste innerhalb von drei Monaten beim Kanton Widerspruch einlegen.

Ob das der richtige Weg ist? Fast scheint es, als würde dem Gesundheitsminister kurz vor seinem Rücktritt die Geduld ausgehen.