Klimaveranstaltung in Genf: Brücke ins Chaos

Nr. 40 –

Grossbanken wie die UBS behaupten, sie trügen zu einer «nachhaltigen Wirtschaft» bei. Doch mit dem Sponsoring grosser Konferenzen ist es nicht getan.

Aktivist:innen bei einer Protestaktion vor dem Konferenzzentrum in Genf
Wer nur Lippenbekenntnisse abgibt, sät Zerstörung: Aktivist:innen fordern von der ­Finanzindustrie echtes Engagement gegen die Klimakatastrophe. Foto: Demir Sönmez

Am Montagmittag fährt vor dem Konferenzzentrum in Genf ein Pritschenwagen vor, hält kurz an, und ein grosser Haufen verkohlte Holzstämme, demolierte Möbel und zerstörtes Kinderspielzeug wird abgeladen. Als der Wagen davonfährt, strömen rund zwanzig Aktivist:innen auf den Vorplatz und stellen Schilder auf, die die Bedeutung des Schutts aufklären: Das Holz stammt vom Waldbrand in Bitsch, die Haushaltstrümmer sind die Folge des verheerenden Sturms in La Chaux-de-Fonds – beides Ereignisse dieses Sommers. Die Aktivist:innen gehören dem Kollektiv Breakfree an, das mit gewaltfreien Aktionen auf die Klimakatastrophe aufmerksam macht.

Ehrgeizige Ziele fehlen

Die Kritik von Breakfree richtet sich an diesem Tag gegen ein Treffen von Building Bridges, einer Initiative, die nach eigenen unbescheidenen Angaben «die globale Agenda für ein nachhaltiges Finanzsystem gestalten» will. Lanciert wurden die jährlichen Treffen im Jahr 2019 unter anderem von Lobbyorganisationen des Schweizer Finanzplatzes, dem Uno-Büro in Genf, dem Staatssekretariat für Wirtschaft sowie dem WWF.

Das Kollektiv Breakfree hatte in den vergangenen zwei Jahren selbst an den Treffen teilgenommen, sich danach aber enttäuscht zurückgezogen. Seine Kritik äussert es deshalb nun von aussen: «Seit vier Jahren behaupten die Organisatoren, Brücken zwischen Finanzakteuren und dem Uno-System zu bauen. Also zwischen jenen, die für den Ökozid mitverantwortlich sind, und jenen, die sich um die Bewältigung der zunehmenden Klimakatastrophe bemühen», sagt Aktivist Guillaume Durin. Doch geändert habe sich nichts. Breakfree fordert, dass sich die Organisator:innen «wissenschaftsbasierte, ehrgeizige und klar definierte Ziele setzen». Building Bridges solle zu einer sofortigen Transformation der Finanzindustrie beitragen. An allen Veranstaltungen müssten ein Pluralismus von Meinungen sowie kritische Stimmen erlaubt und respektiert werden.

Beim Eintreten in die grosse Eingangshalle ist der Schutthaufen vor der Tür schnell vergessen. Neben den einladenden Sofas und Stehtischen, die für brückenbauende Gespräche genutzt werden sollen, stellt sich Patrick Odier, ehemaliger geschäftsführender Teilhaber der Privatbank Lombard Odier und Präsident von Building Bridges, den Fragen der Journalist:innen. Angesprochen auf die Aktion von Breakfree, äussert sich Odier genervt: «Ich entschuldige mich dafür, diese Baumaktion halte ich für komplett falsch.»

Woran sich das Kollektiv Breakfree besonders stört, sind die Sponsoren des Events: Banken wie UBS und Barclays, die für ihre Rolle bei der Finanzierung von Unternehmen im fossilen Sektor kritisiert werden. So gehörte Barclays zwischen 2016 und 2022 mit 350 Milliarden Euro zu den europäischen Spitzenfinanzierern fossiler Unternehmen. Vorne mit dabei auch die UBS: Zusammen mit der eben übernommenen CS hat die Bank seit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 den fossilen Sektor mit Obligationenkäufen im Wert von 263 Milliarden Franken unterstützt, wie eine kürzlich veröffentlichte Recherche europäischer Medien gezeigt hat.

Ermotti erklärt sich

Die UBS bestätigt die Rechercheergebnisse nicht, dementiert sie aber auch nicht. Ihr CEO Sergio Ermotti ist an diesem Tag einer der Hauptredner auf der Konferenz in Genf. In Anwesenheit von Bundespräsident Alain Berset und der niederländischen Finanzministerin Sigrid Kaag wirbt er für die Nachhaltigkeitsziele seiner Bank. Auf die Frage des Moderators, weshalb sich die UBS angesichts der fortschreitenden Klimakrise nicht viel ehrgeizigere Ziele setze – also etwa sämtliche Investitionen in fossile Unternehmen bis 2030 zu beenden –, antwortet er: «Wir können uns nicht an die Forderungen von Extremisten halten.» Die UBS halte sich an das Ziel netto null 2050, hinter dem ein «breiter Konsens» stehe.

Und er versucht, die Verantwortung der Banken kleinzureden. Deren Rolle werde in der Öffentlichkeit weit überschätzt: «Wir sind nicht die Besitzer der Vermögenswerte.» Die Kund:innen hätten das letzte Wort, wenn es darum gehe, wo ihr Geld investiert werde.

Die Aussagen Ermottis überraschen Breakfree-Aktivist Durin nicht: «UBS und Co. nutzen die ihnen gebotene Plattform, um ihre Verantwortung zu verdecken.» Das Kollektiv könne sich durchaus vorstellen, künftig auch wieder an der Building-Bridges-Veranstaltung teilzunehmen, so Durin: «Falls unsere Forderungen umgesetzt werden und wir eingeladen werden, kommen wir als Teilnehmende gerne zurück. Denn wir brauchen Brücken. Aber momentan werden Brücken mit Asche gebaut.»