Von oben herab: Attacke!
Stefan Gärtner hilft dem Militär beim Sparen

Die Schweizer Armee ist knapp bei Kasse, das Verteidigungsdepartement hat bereits begonnen, bei Grossanlässen zu sparen: Sowohl die Airshow «Air Spirit 24» der Luftwaffe als auch der Anlass der Bodentruppen, die «Defense 25», sind gestrichen. Das VBS stellt weitere Verzichte in Aussicht, und Armeechef Thomas Süssli verweist auf die «gestiegenen Betriebsausgaben» und die «Liquiditätssituation der Armee».
Armeefans wie Tambourmajor der Reserve Ruedi Rommel-Widmer (steifes Kreuz erster Klasse) sind entsetzt: «Was mach ich denn jetzt mit den Wochenenden, die ich für vollkommen sinnlose Militärparaden eingeplant hatte?» Die WOZ, das Fachblatt für sinnlosen Rummel aller Art, macht Vorschläge, die viel militärischen Spass machen und wenig kosten!
Spachteln 24 In der Kantine der Winterthurer Emil-Steinberger-Kaserne ist immer was los: «He, wo bleibt die Geschmacksverstärkung?», ruft Küchenbulle Reto Guetsli, der sich mit allem, was er hat (Salz, Maggi), wie jeden Tag an vorderster Front ins Gefecht stürzt. «Jede Kesselschlacht kann die letzte sein, Gefangene werden hier nicht gemacht!», ächzt er schwitzend und ballert eine Salve Würfelzucker in die Erbsensuppe, dass es nur so spritzt und Besucherin Evi (26) erschrocken in Deckung geht: «Das hätte ich nicht gedacht, dass es hier so gefährlich zugeht!» Ihr Begleiter hat eine volle Ladung in den vor Staunen offenen Mund gekriegt und bettelt verzweifelt um Wasser. «Sanitäter!», schreit jemand, vor den Latrinen spielen sich unbeschreibliche Szenen ab, und noch ist der erste Schock (Stammessen II) nicht verdaut, da gibt es schon wieder Alarm: eine geheime Wunderwaffel aus Sägemehl, Palmfett und Schoggi, die jeder Magensäure widersteht und kein Vitamin am Leben lässt! Evi kapituliert und kann die Tränen nicht mehr zurückhalten: «Es ist nicht wert, dafür zu sterben.»
SUV 25 Endlos rollen die Kolonnen, ihr Lärm macht jedes zivile Gespräch unmöglich, und darum stehen Beat und Beatrice Oerlikon aus Dietikon, 56 und 54, auf dieser Autobahnbrücke. «Nach dreissig Jahren Ehe», brüllt Beatrice, «sind wir froh, nicht reden zu müssen, und wenn da unten die Panzer mit ihren dicken Rohren fahren, fühlen wir uns hier oben sicher. Allerdings nur hier oben!» Es gehe, fügt Beat hinzu, um ein möglichst grobes Missverhältnis von Verdrängung und Besatzung: «Je mehr Fahrzeug pro Kilo Mensch, umso besser für unsere Sicherheit, für die man halt auch Opfer bringen muss. Wenn man seine Kinder aber auch zu Fuss in die Schule gehen lässt!»
Manöver 08/15 Es ist wie jeden Abend in der Zürcher Bussi-Bar: Ein langer Blick, ein noch längerer Blick, dann der lang erwartete, brutale Angriff: «He, ist deine Mutter Architektin? Du bist so gut gebaut!» Studentin Marielle (20) rollt mit den Augen: «Wenn du da nicht schnell genug in Deckung bist, haben dich diese Granaten gleich begraben: ‹Na, Schnitte, schon belegt?›, ‹Ich bin gut drauf und suche was für drunter›, ‹Du musst der wahre Grund für die globale Erwärmung sein!› – o Mann. Dabei weiss doch jeder, dass das die Sonnenflecken sind!»
Kolumne 26 Ein Generalangriff auf die Lachmuskeln, ein Sperrfeuer aus Pointen, nach Luft ringende Opfer einer gnadenlosen Komikmaschine – Fehlanzeige extrem! Kultkolumnist und Exzivi Stefan Gärtner lädt alle zwei Wochen zu einer ganz und gar friedlichen Rundschau, die stillen Frohsinn in unsere Herzen zaubert und jeder Aggression eine Absage erteilt. Bevorzugte Themen: (brave) Kinder, Hunde, «die da unten», die immer genug Zeit haben, um zu machen, was sie wollen. «Meine Texte», beschreibt der sympathische Fresssack seinen empathischen Ansatz, «sind wie ein sanfter Wind auf normal empfindlicher Haut, und wer sie liest, weiss, was drinsteht. Vielleicht können sie die Welt nicht verändern – aber eine Viertelseite Weissraum kann es noch viel weniger!»
Stefan Gärtner (BRD) war Redaktor bei der «Titanic» und ist heute Schriftsteller und «linksradikaler Satiriker» («Die Zeit»). An dieser Stelle nimmt er jede zweite Woche das Geschehen in der Schweiz unter die Lupe.
Sein Buch «Tote und Tattoo» (2023) ist im WOZ-Shop erhältlich: www.woz.ch/shop.