Wichtig zu wissen: Postpostale Entlastungs­störung

Nr. 6 –

Ruedi Widmer über Post; eigentlich nur über die Post

Wenn der Staat eine private Firma sein soll, weshalb bezahlen die Staatsverweiger:innen deren Rechnungen nicht? Sie bezahlen ja üblicherweise die Rechnungen privater Firmen.

Die Staatsverweiger:innen von der Post bringen die Briefpost künftig nur noch alle drei Tage. Wie kommen die Apostel der B-Post oder eher C-Post, Rösti und Levrat, überhaupt auf diese Idee? Ein Grund ist, dass russische Oligarchen dringend mehr Schweizer Briefkästen für Briefkastenfirmen benötigen. Werden die Briefkästen nur noch alle drei Tage beliefert, können sie zwischendurch von den Briefkastenfirmen genutzt werden.

Im Jahr 2049: Die Kirchenglocken in 7281 Brasuns GR läuten. Sara ist schon früh auf den Beinen, heute ist der grosse Tag! Seit Monaten warten sie alle darauf.

Die Menschen bilden ein Spalier bis zur St.-Hubertus-Kirche. Der Pöstler kommt nämlich ins Dorf und bringt die Briefe. Das letzte Mal war er vor 25 Jahren da. Sara war da noch gar nicht auf der Welt. Inzwischen hat sich so viel Post angestaut, dass die Post mit einem grossen Truck ins Dorf kommt. Der Pöstler braucht drei Tage, um all die Briefe richtig an die 72 Dorfbewohner:innen zu verteilen. Alleine Bernhard Onzgen vom Unterdorf 3 bekommt 1500 Briefe, wenn man all die Rechnungen, Mahnungen, Mahnesmahnungen, Betreibungen, Betreibungsbetreibungen bis hin zu all den gerichtlichen Einschreiben, Briefen der Gefängnisdirektion und so weiter zusammenzählt. Darunter sind Einladungen an 19 Hochzeiten, 289 Geburtstage, 112 Vernissagen und 145 handgeschriebene Briefe.

Die Schweizerische Post AG hat genau noch einen Pöstler angestellt, und dessen Aufgabe ist es, alle 25 Jahre in jedes Dorf zu kommen, um den Leuten die Briefpost persönlich zu bringen. Was wie ein unvernünftiger Sparplan klingt, ist in Tat und Wahrheit ein vernünftiger Sparplan. Die Sparstrategen der Post haben dieses Modell nicht etwa aus den Lehrbüchern von McKinsey, sondern sie haben sich vom Weihnachtsmann inspirieren lassen, der auch nur einmal im Jahr kommt. Bei der vierteljahrhundertlichen Kadenz von Postaustragungen ist es auch möglich, dass der Apparat der Post massiv verschlankt werden kann und nur noch aus Christian Levrat besteht; und dieser Pöstler kommt persönlich bei dir und euch vorbei! In den grösseren Ortschaften hilft ihm dabei noch Altbundesrat Rösti (82).

Man kann sagen, das ist ein Witz, das funktioniert doch nicht. Doch es funktioniert – aber nur, wenn auch die anderen Anbieter öffentlicher Leistungen sparen.

Die obigen Dorfbewohner:innen wissen nämlich, dass sie beim nächsten Einzug der Polizei alle verhaftet werden – bei der Ansammlung von Versäumnissen und nicht befolgten Behördenanweisungen, nicht erfolgten Zahlungen, Betreibungen und so fort. Aber sie wissen, dass auch die Polizei nur noch alle 25 Jahre vorbeikommt und man noch Spielraum von mehreren Jahren hat.

Natürlich könnte alles mit dem Internet ins Bergdorf gesendet werden, aber das Internet fährt auch nur noch unregelmässig, wegen Stromausfällen. Mails werden nur noch alle fünf Jahre weitergesendet, und auch nur, wenn sie an den Mitleser:innen des NDB vorbeikommen.

Der Traum der Staatsverweiger:innen ist real!

Übrigens 1: Schweizer Rentner:innen sollen nur noch jeden 13. Monat AHV erhalten. Man müsse mit der Zeit gehen. Das beschlossen Bundesrat Albert Rösti und Postchef Christian Levrat. Die Einladungen an die Pressekonferenz werden erst in gut vier Jahren verschickt, wenn Zürich das nächste Mal die Post erhält.

Übrigens 2: Briefe und Rechnungen in Zukunft in ein Paket packen, statt sie in ein Couvert zu stecken. Das ist schneller und erst noch günstiger.

Ruedi Widmer schreibt schon lange nicht mehr täglich in der WOZ, sondern nur noch alle zwei Wochen (und niemanden störts).