AHV-Finanzierung: Eine äusserst schwache Pointe
Strahlendes Ja für eine 13. AHV-Rente, deutliche Absage an den freisinnigen Traum von der Rentenaltererhöhung: Die sozialpolitische Sensation Anfang März war perfekt. Bemerkenswert war nicht nur das Ergebnis selbst – erstmals seit langem hatte ein linkes Anliegen in diesem wirtschaftsliberalen Land so überwältigend gewonnen. Bemerkenswert war auch, was dieses Ergebnis offenbarte: wie sehr die Bürgerlichen samt ihrer Verbände an den Realitäten der vielen vorbeipolitisierten. Für diese war eine zusätzliche Rente nämlich nicht bloss ein «Zustupf»; es war eine Frage der Würde.
Der Auftrag ans Parlament schien indes klar: rasch eine Finanzierung zu beschliessen. Die beiden Vorschläge des Bundesrats – mit Lohnprozenten oder zusätzlich über die Mehrwertsteuer – entsprachen dann auch der Logik der AHV. Bis letzte Woche die nationalrätliche Sozialkommission plötzlich alles besser wusste: Eine Mehrheit aus SVP und FDP – sowie einer irrlichternden GLP – will die Finanzierung erst im Rahmen einer nächsten «strukturellen Reform» diskutieren. Im Klartext: Die Rentenerhöhung soll durch Leistungskürzungen wieder weggespart werden. Welche Sparmassnahme ihm vorschwebt, gab FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt unumwunden zu: ein höheres Rentenalter. Ein Politiker, der soeben seine Initiative für ein höheres Rentenalter verloren hat, will also die 13. AHV-Rente just damit torpedieren. Eine Pointe, die man schlecht erfinden kann.
Das Vorpreschen belegt, welch instrumentelles Verhältnis die Bürgerlichen zur Demokratie haben: Der «Volkswille» gilt offenbar nur dann etwas, wenn die Entscheide der Bevölkerung dem eigenen Willen entsprechen. Und es offenbart, in welch desolatem Zustand sich der Freisinn befindet. Jahrzehntelang verfolgte die FDP ihre simple Ideologie: Steuersenkungen für Konzerne, sparen beim Sozialstaat. Das Resultat vom März dürfte für die Freisinnigen wahrlich dramatisch gewesen sein. Eine Mehrheit der Bevölkerung hat sich aus der ideologischen Geiselhaft befreit. Sie glaubt offenbar nicht mehr, dass alles, was für die Firmen gut ist, am Ende den Menschen dient.
Kommentare
Kommentar von kusto
Mi., 08.05.2024 - 11:28
Was bei der AHV gilt, gilt auch für die Krankenkassen. Die FdP blockiert mit der SVP alles was den Geldfluss in die immer gleichen Taschen hemmt.
Eine vierköpfige Familie zahlt heute schon locker alle Jahre eine Prämie im Gegenwert eines bescheidenen Mittelklassewagens, wenn sie in der «Holzklasse» versichert ist. Das fühlt sich an wie eine happige Zusatzsteuer, der niemand entgehen kann und vor allem den Mittelstand trifft. – Wenn also schon Steuer, so sagen sich viele, dann sollen sie auch progressiv wirken, wie das jede vernünftige Steuer tut und viele werden deshalb vernünftigerweise der Prämienbeschränkung auf 10% des Einkommens zustimmen. Natürlich stoppt das die steigenden Kosten nicht, sie zwingt aber vor allem die Entscheidungsträger sich zusammenzuraufen und nicht weinerlich wie das «Burkartsche FdP -Mantra» nach mehr Wettbewerb zu schreien, der im Gesundheitswesen inexistent ist.