Film: Beruf: Undergrounder

Nr. 24 –

Filmstill aus «La scomparsa di Bruno Bréguet»
«La scomparsa di Bruno Bréguet». Regie: Olmo Cerri. Schweiz 2024. Jetzt im Kino.

Flughafen Zürich-Kloten, 18. Februar 1969: Vier Mitglieder der Volksfront zur Befreiung Palästinas nehmen eine Maschine der israelischen Airline El Al unter Beschuss. Es ist der erste Anschlag auf ein Flugzeug in der Schweiz und ein entscheidender Wendepunkt im Leben des damals neunzehnjährigen Tessiners Bruno Bréguet. Der Maturand sympathisiert mit den Attentäter:innen, besucht palästinensische Flüchtlingslager und versucht bald darauf, selbst «konkret an der Bekämpfung des Imperialismus teilzunehmen».

Olmo Cerri («Non ho l’età») rekonstruiert in seinem Dokumentarfilm «La scomparsa di Bruno Bréguet» das Leben des Schweizer Militanten und späteren CIA-Agenten, der seit November 1995 als verschollen gilt. Die Fülle seiner Quellen ist beeindruckend. Von Bréguets gescheitertem Versuch, Sprengstoff in Stoffgürteln mit dem Schiff nach Israel zu schmuggeln, liegen sogar Super-8-Aufnahmen vor: körnige Bilder vom Mittelmeer, der Reling, dem Ufer am Horizont. Kluge Zeitzeug:innen ordnen den Aktivismus ihres vermissten Freundes ein, ein Historiker belegt dessen CIA-Kontakte, und Bréguet selbst kommt mit zitierten Briefen und Passagen aus seinen Memoiren «La scuola dell’odio» zu Wort.

Und doch lässt einen der Film ratlos und müde zurück. Es ist wie mit Bréguets Aktionen: Die Ziele sind ehrenwert, die Mittel bestenfalls unbeholfen. Zum Meerblick gibts Romantik, zum Polizeibericht Suspense. Die im Film inszenierte Recherche verliert sich in Details und geht der Selbstverklärung des Protagonisten auf den Leim. Das zeigt sich spätestens am Ende: Da befürwortet der Regisseur die Wirkung der «sozialen und kulturellen Waffen» und traut ihnen dann doch nicht, wenn er die drängenden Fragen – «Was tun» gegen die Menschenrechtsverletzungen in der Flüchtlingspolitik, den Klimanotstand und den eskalierenden Israel-Palästina-Konflikt? – ausgerechnet mit einem Brief von Bréguet beantworten lässt. Die Antwort des jungen «Undergrounders» und baldigen CIA-Überläufers lautet zusammengefasst: Bloss nicht anpassen! Danke für den Tipp.