Bührle-Showdown: Auf Mission für die Reputation
In Zürich tickt die Uhr: Am 28. Juni wird der Historiker Raphael Gross seine Untersuchung zur Provenienzforschung der Kunstsammlung von NS-Waffenlieferant Emil Georg Bührle präsentieren. Offenkundig hat man bei der Bührle-Stiftung deshalb kalte Füsse bekommen. Sie lässt mitteilen, dass im Kunsthaus Zürich fünf Leihgaben abgehängt werden sollen – berühmte Bilder von Gustave Courbet, Paul Gauguin, Vincent van Gogh, Claude Monet und Henri de Toulouse-Lautrec.
Die Mitteilung verschickt hat die noble Kommunikationsagentur «Hirzel.Schmid.Neef.Konsulenten». Partner Victor Schmid ist seit Anfang Jahr Mitglied des Bührle-Stiftungsrates. Das Motto der Agentur passt ja auch perfekt zur Situation der viel kritisierten Stiftung: «Ihre Reputation ist unsere Mission». Dass man bei den fünf Werken eine «faire und gerechte» Lösung mit den Erben früherer Besitzer:innen suchen wolle, habe mit einer Änderung der «Best Practices» zu NS-Raubkunst durch das US-Aussenministerium im März zu tun, heisst es. Von der Untersuchung Gross ist keine Rede.
Dabei weiss die Stiftung – wie auch Kunsthaus und Stadt Zürich – schon viel länger um die Problematik der Provenienzen. In einer Übersicht von 2021 hat die Stiftung die betreffenden Bilder als «Fluchtgut» qualifiziert. Doch trotz der Tatsache, dass sie von Jüd:innen auf der Flucht verkauft werden mussten, also in einer existenziellen Notlage, stufte der damalige Stiftungsdirektor Lukas Gloor ihre Herkunft als «unproblematisch» ein. Noch weiter zurück liegt die Erklärung von Terezin zum Umgang mit «Holocaust-Vermögenswerten» aus dem Jahr 2009, die auch von der Schweiz unterzeichnet wurde. Demnach soll nicht nur während der NS-Zeit geraubte Kunst an die Vorbesitzer:innen restituiert werden, sondern auch solche aus Verkäufen in einer Zwangslage.
Dass die Bührle-Stiftung fünfzehn Jahre später bemerkt, dass sie sich nicht mehr hinter der Kategorie Fluchtgut verstecken kann, ist erfreulich. Ob sie mit der Rückgabe die zu erwartende Kritik des Berichts Gross parieren kann, wird sich weisen. Mission réputation à suivre.