Serie: Birmingham brennt

Nr. 36 –

Still aus der Serie «This Town»
«This Town». Idee und Buch: Steven Knight. Sechs Folgen. England 2024. BBC One.

Wir schreiben die achtziger Jahre, ein paar Jugendliche in England wollen eine Band gründen. Music! Retro! Feelgood! – Nichts könnte irreführender sein als die offizielle Synopsis zur sechsteiligen Serie «This Town». Auch wenn man natürlich sagen muss: Der Sound stimmt, von Reggae über Two-Tone bis Postpunk, von UB40 über The Specials bis zu Siouxsie and the Banshees. Überhaupt ist die Liebe zum historischen Detail gross, spielt die Geschichte um Dante (Levi Brown) und seinen Cousin Bardon (Ben Rose) doch in den Geburtsstädten der beiden erstgenannten Bands, in Birmingham und Coventry. Passgenau sind auch Klamotten und politische Stimmung.

Letztere ist von Beginn weg explosiv. Dante, dessen innere Stimme uns im Voiceover über weite Strecken begleiten wird, gerät mitten in eine apokalyptische Strassenschlacht und kriegt eins übergezogen. Kein Wunder, schwebt sein Kopf oder, besser, die Worte, die immerzu in diesen einbrechen, meist in anderen Sphären. Manchmal auch auf dem Brückengeländer über der Autobahn, meist dann, wenn er ganz dringend Erlösung sucht: dass ihm endlich gelingen möge, diese Worte in die richtige Reihenfolge zu bringen. Dann würde nämlich alles gut (und er ein wahrer Poet).

Wobei es erst einmal immer schlimmer wird, für Dante wie für Bardon. Dieser wird von seinem Vater zunehmend in die Machenschaften der RA, des lokalen Ablegers der IRA, verwickelt. Auch ein abgefackelter Nachtclub mutiert vor dem Hintergrund von Alkohol, Drogen, Kriminalität und Gewalt zum zentralen Schauplatz und beschert uns einen exzessiven Tarantino-Moment.

Aber wie das alles erzählt ist! Und mit welch atmosphärischem Sound – angefangen bei Dantes schillernder Sprachlust (Texte: Kae Tempest) bis hin zu den so nuanciert wie prononciert gezeichneten Figuren und urbanen Jugendszenen. Apropos Sound: Als irgendwann doch geprobt und von Pelikanen, Bardons Mutter oder eben «this town» gesungen wird, müssen die Schauspieler:innen, die in ihrer Rolle auch ihr Instrument lernen, zur Band zusammenwachsen. Ob das gut kommt?