Amtsantritt Trump: Am Ende hilft vielleicht die Eitelkeit
Donald Trump hat kaum das Präsidentenamt übernommen, da hat der angekündigte Angriff auf Migrant:innen, die Umwelt und Minderheiten schon begonnen. Wer hat dem noch etwas entgegenzusetzen?

In seiner Antrittsrede am Montag sprach Donald Trump vom «Tag der Befreiung». Wie die neue Freiheit aussieht, zeigte Elon Musk kurz darauf bei einer Inaugurationsparty, als er den rechten Arm zum Nazigruss hochriss. Die seither laufenden Diskussionen, ob Musk die Geste nun genauso beabsichtigte oder ob es doch eher ein «Heil» aus dem Unterbewussten war, haben etwas Tragikomisches. Was bleibt, sind faschistoide Frontfiguren mit einem faschistoiden Programm. Sie sagen, was sie wollen, und tun es dann auch.
Direkt nach der Amtseinsetzung unterschrieb Trump eine Reihe von Präsidentenverfügungen. Für die Grenzregion zu Mexiko wurde ein nationaler Notstand ausgerufen, der militärische Aufrüstung und eine zusätzliche Abriegelung des Landes ermöglicht. Das Asylrecht soll weiter ausgehöhlt, das Recht auf die US-Staatsbürgerschaft per Geburt abgeschafft werden; Millionen von undokumentierten Immigrant:innen droht die Abschiebung. Trump verkündete den Rückzug aus dem Pariser Klimaabkommen und aus der Weltgesundheitsorganisation sowie einen «Energienotstand», über den die fossile Produktion angeheizt wird. Für Unternehmen und reiche US-Amerikaner:innen sind Steuererleichterungen geplant. Die über 1500 Trump-Anhänger:innen, die im Januar 2021 das Kapitol stürmten, wurden fast alle begnadigt, die Haftstrafen der vierzehn restlichen Verurteilten wurden verkürzt und für verbüsst erklärt – darunter auch die für Mitglieder der rechtsradikalen Milizen Proud Boys und Oath Keepers.
Darüber hinaus machte der neue Präsident rund achtzig Verfügungen der Biden-Regierung rückgängig, etwa solche zum Schutz von Minderheiten. Die Bundesbehörden werden angewiesen, nur noch das «biologische Geschlecht» anzuerkennen. Während nichtbinären und trans Menschen die Existenz abgesprochen wird, gelten für Amerikas Multimilliardäre quasi keine Regeln mehr. Neben Musk, der mit dem Segen Trumps den Mars erschliessen will, waren auch die Tech-CEOs Mark Zuckerberg (Meta), Jeff Bezos (Amazon), Sundar Pichai (Google), Tim Cook (Apple) und Shou Zi Chew (Tiktok) bei der Amtseinsetzung vorne mit dabei. Ob die «Broligarchen» nun Trump ausnutzen oder andersherum, ist eigentlich egal. Ihr gemeinsames Projekt ist ein maskulinischer Marktfundamentalismus, der sich demokratische Kontrollmechanismen, flüchtende Menschen und jegliche progressive Opposition vom Leib halten will. Es ist ein Klassenkampf von oben, der sich als messianischer Populismus inszeniert. Und es ist zunehmend ein Projekt der Expansion, wie Trump etwa mit Bezug auf Grönland klar macht.
Für die Präsidentenverfügungen braucht es keine Zustimmung des Parlaments. Doch im Senat und im Repräsentantenhaus verfügen die Republikaner:innen ohnehin über Mehrheiten. Der Supreme Court wird von erzkonservativen Richter:innen dominiert. Angesichts dieser Machtverhältnisse stellt sich also die Frage, welche Kräfte oder Institutionen Trump überhaupt entgegenwirken können. Wer kann es schaffen, die Maga-Agenda zumindest zu bremsen?
Die Demokratische Partei?
Optimistisch formuliert, befinden sich die Demokrat:innen derzeit in einer Sinnkrise. Nüchtern betrachtet, ist die Partei in desolatem Zustand. Während Joe Biden ohne jedes Verantwortungsbewusstsein für die Wahlniederlage aus dem Amt gekrochen ist, hat man von Kamala Harris zuletzt kaum etwas gehört. Hakeem Jeffries, Anführer der Demokrat:innen im Repräsentantenhaus, behauptete kurz vor der Trump-Inauguration, dass das lange Festhalten an Biden richtig gewesen sei. Chuck Schumer, demokratischer Fraktionsvorsitzender im Senat, beschwört derweil «Überparteilichkeit» und hat angekündigt, mit Trump zusammenarbeiten zu wollen. Niemand aus der Führungsriege scheint den Ernst der Lage wirklich begreifen zu wollen. Die wenigen linken Kongressmitglieder, etwa Alexandria Ocasio-Cortez und Bernie Sanders, werben zwar für eine Neuausrichtung der Partei, sind damit allerdings in der Aussenseiterposition. Das grösste Problem liegt darin, dass die Partei in ihrer Programmatik so stark an «der Mitte» orientiert ist, dass es vollkommen an Visionen fehlt. In einigen politischen Bereichen, etwa beim Grenzschutz, sind die «Democrats» letztlich «Republicans light».
Bei der im Februar stattfindenden Wahl für den Vorsitz des Democratic National Committee (DNC), des höchsten Parteigremiums, haben immerhin zwei progressive Kandidaten Chancen auf einen Erfolg: Faiz Shakir, Berater von Bernie Sanders, und Ben Wikler, der die Demokraten in Wisconsin in Schwung gebracht hat. Sollte einer der beiden gewinnen, wäre das ein Schritt in die richtige Richtung. Andererseits ist der Einfluss des DNC auf die Realpolitik begrenzt. Die Hebel befinden sich im Parlament. Man muss darauf hoffen, dass dort einzelne Abgeordnete der Republikanischen Partei zumindest in manchen Fragen gegen ihre Fraktion stimmen und damit die knappe Mehrheit brechen.
Die Justiz?
Die Trump-Regierung kann grundsätzlich darauf bauen, dass angefochtene politische Entscheide irgendwann beim Supreme Court landen. Der ist mehrheitlich rechts gesinnt. Auch in den republikanisch regierten Bundesstaaten sind die Gerichte entsprechend besetzt. Ein klein wenig Mut lässt sich aus der Tatsache schöpfen, dass Landesgerichte auch in den «red states» hin und wieder die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen erkennen. Der State Supreme Court in Montana beispielsweise hob im Dezember ein Verbot von geschlechtsangleichenden Behandlungen bei minderjährigen trans Menschen auf. Auch in anderen politischen Bereichen wurden Gesetze der Republikanischen Partei gerichtlich gestoppt. In Georgia erklärte der Supreme Court eine Reihe von restriktiven Wahlgesetzen für ungültig. Trotz mancher Teilerfolge sollte man sich aus progressiver Perspektive jedoch nicht auf das gern idealisierte «Checks and Balances»-System der USA verlassen. Im Zweifel wischt der Supreme Court auch mal jahrzehntealte Errungenschaften weg – wie etwa 2022, als er das landesweite Recht auf Abtreibung kippte.
Die Wirtschaft?
Trump hat das Kapital hinter sich. Zu seinen finanziellen Unterstützer:innen gehören nicht nur Tech Bros wie Zuckerberg und Musk, die im Gegenzug von Deregulierungen und Steuererleichterungen profitieren, sondern auch etliche Grosskonzerne aus anderen Branchen. Bei einem Dinner am Abend vor der Amtseinweihung feierte Trump zusammen mit den Chefs des Autobauers Ford, des Rüstungskonzerns Lockheed Martin, des Supermarktriesen Walmart und vielen mehr. Zahlreiche Unternehmen haben in den vergangenen Monaten ihre Diversitätsprogramme abgebaut, um der neuen Regierung Kollaboration zu signalisieren. Medienkonglomerate wie die von Rupert Murdoch gegründete News Corp. sind ohnehin auf der Seite der Rechten. Privatwirtschaftliche Opposition könnte sich vielleicht dann ergeben, wenn bestimmte Branchen darunter leiden, dass zu viele Immigrant:innen abgeschoben werden. Vonseiten der Baubranche und der Landwirtschaft hört man bereits der perversen Logik des Kapitalismus folgende Klagen, dass billige Arbeitskräfte gebraucht werden.
Die Linke?
Anders als 2017, als Trump zum ersten Mal ins Weisse Haus einzog und im ganzen Land Millionen von Menschen dagegen protestierten, ist es dieses Mal vergleichsweise still. Man kann darin eine grundsätzliche Erschöpfung sehen, ein Zeichen der Resignation. Andererseits haben die grossen Protestmärsche der vergangenen Jahre und Jahrzehnte selten nachhaltige Wirkung gezeigt. Zu oft folgte der temporären Mobilisierung nichts Substanzielles. Vielleicht also ist es gar nicht so schlimm, wenn nun weniger Pussy Hats auf den Strassen zu sehen sind und kaum Hashtag-Resistance-Kampagnen laufen. Kurzfristig wird es mehr darauf ankommen, Abschiebungen zu verhindern und Netzwerke zur Unterstützung von Frauen und trans Menschen auszubauen. Mittelfristig kann die US-Linke wohl am ehesten über Gewerkschaften und über Mieter:innenorganisationen Druck aufbauen.
Was bleibt?
Es ist kein Zufall, dass Trump in den letzten Wochen mehrfach öffentlich betont hat, dass Elon Musk wegen seiner südafrikanischen Herkunft nicht US-Präsident werden könne. Die vielen Berichte, wonach Musk das «wahre Staatsoberhaupt» sei, haben wohl ihre Spuren hinterlassen. Sosehr Trump von seiner Macht überzeugt ist, so fragil bleibt offenbar sein Ego. Bereits während seiner ersten Amtszeit sorgten interne Konflikte und ständige Personalwechsel für Chaos. Dass man darauf hoffen muss, dass sich die neue Regierung aus Eitelkeit selbst ausbremst, ist am Ende aber vor allem Ausdruck erdrückender Ohnmacht.