Durch den Monat mit Jenny Cara (Teil 1): Wie bringt man eine Crowd zum Schreien?
House und UK Bass von London bis Berlin: Seit einigen Jahren legt die Zürcher DJ Jenny Cara in ganz Europa auf. Über die Frage, woran eine DJ gemessen wird, und über Beziehungen auf dem Dancefloor.

WOZ: Jenny Cara, haben Sie diese Woche schon aufgelegt?
Jenny Cara: Nein, aber morgen spiele ich.
WOZ: Was für Musik werden Sie spielen?
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: Die Musik, die ich spiele, passt nicht in eine bestimmte Genreschublade, aber häufig enthalten meine Sets Elemente aus House und UK Bass.
WOZ: Bereiten Sie sich vor, oder gehen Profis wie Sie einfach hin, stecken den USB-Stick mit der Musik ins Gerät und legen los?
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: Ich erstelle einen Musikordner, in dem ich laufend Songs ablege. Ich blockiere mir auch immer Tage, an denen ich am «Diggen», also am Musiksuchen, bin.
WOZ: Überlegen Sie auch, was das für ein Club ist, in dem Sie spielen werden, was für Leute mit welchen Erwartungen kommen?
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: Schon, ja. Manchmal mache ich mir vielleicht zu viele Gedanken. Aber grundsätzlich kenne ich die Orte, an denen ich spiele, weiss, wer dort sonst so auflegt. Ich plane aber meine Sets nie durch, sondern treffe eine Auswahl und entscheide dann viel spontan.
WOZ: Sie spielen nicht nur in Clubs in der Schweiz, sondern auch in London, Amsterdam oder Paris. Wann haben Sie damit angefangen?
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: So richtig erst 2021, und ein Jahr später spielte ich schon in der Panorama-Bar im Berliner Club Berghain. Das war mein erster Gig im Ausland. Dann führte eins zum anderen, und mir passte das gut ins Leben: am Wochenende auflegen und unter der Woche selbstständig arbeiten.
WOZ: Können Sie vom Auflegen leben?
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: Ich könnte es, habe aber aktuell noch andere Projekte im Kulturbereich, damit ich mehr Spielraum habe, um gezielt Gigs anzunehmen.
WOZ: Ist es ein anderes Gefühl, vor fünfzig Leuten in Zürich zu spielen oder vor tausend Leuten in Berlin?
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: Grundsätzlich spiele ich lieber vor fünfzig Leuten, die Spass haben, als vor tausend Leuten, die keinen Spass haben. In der Schweiz hatte ich bis im letzten Jahr selten Shows, die mich so richtig beflügelten. Wo man die Crowd, also das Publikum, einfach mal hat – und dann auch Sachen ausprobieren kann. Ich hatte lange das Gefühl, dass sich die Leute ausserhalb der Schweiz besser gehen lassen können.
WOZ: Und das ändert sich gerade?
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: Ja. Letzthin, als ich im Dezember im Club Kauz spielte, waren die Leute irgendwann tatsächlich am Schreien – und das in Zürich!
WOZ: Wie bringt man eine Crowd zum Schreien?
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: Puh, ich fühle mich manchmal wie ein Pandabär mit Boxhandschuhen. Und frage mich: Was mache ich da überhaupt?
WOZ: Sie haben doch sicher eine Idee davon, wie man als DJ eine Stimmung schafft?
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: Die Auswahl der Tracks ist sicher wichtig. Und gewisse Leute legen viel Wert aufs Mixing. Aber es spielt auch eine Rolle, ob man in einem Club ist, den man mag, und ob man mit Freund:innen da ist: All das trägt dazu bei, dass man eine gute Zeit hat. Für mich fühlt sich eine gute Show manchmal an, als wäre man in einer «short-term situationship».
WOZ: Eine Kurzzeitbeziehung mit dem Publikum?
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: Genau. Ich glaube, mir hilft beim Auflegen, dass ich ein sehr empathischer Mensch bin – ich kann die Crowd gut lesen.
WOZ: Warum werden Sie in ganz Europa gebucht?
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: Es hat sicher damit zu tun, dass ich schon vor meiner Karriere als DJ europaweit gut vernetzt war, weil ich zuvor bereits lange im Nachtleben arbeitete. Ich verstehe mein Handwerk und bin halt kein Arschloch oder versuche zumindest, keins zu sein.
WOZ: Jetten Sie ständig herum, um zu Ihren Gigs zu kommen?
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: Ich fliege auf jeden Fall zu viel, versuche aber, so oft wie möglich den Zug zu nehmen. Manchmal geht es leider nicht anders.
WOZ: Der Erfolg von DJs wird schon stark daran gemessen, wie viele internationale Gigs man spielt, oder?
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: Safe.
WOZ: Der Zugang zu Musik ist so niederschwellig und die Technik so weit entwickelt, dass es keine überragenden Fähigkeiten braucht, um aufzulegen. Da fragt man sich, wieso DJs um die halbe Welt geflogen werden …
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: … das stimmt schon, aber bei diesen Bookings geht es auch darum, was für eine Person du bist, was du verkörperst. Und eben, ob du die Crowd lesen kannst – das können längst nicht alle.
WOZ: Früher fuhr man zum Raven nach Berlin. Wo ist das Nachtleben heute am aufregendsten?
Sobald ich eine Show zusage, fange ich an, mich vorzubereiten: Ich würde sagen in Amsterdam und London. Brüssel ist auch gut dabei. Klar, Berlin ist immer noch die Rave-Hauptstadt, aber da heisst es halt immer: So und so musst du sein, damit du cool bist. In Amsterdam oder Brüssel ist das anders, da musst du nicht auf eine bestimmte Art angezogen sein, damit du in den Club kommst.
Seit Dezember hat Jenny Cara (33) beim Onlinesender NTS Radio eine Show namens «Situationship».