Schweizer Klimapolitik: Ein klares «Ungenügend»
Letzte Woche hätten alle Vertragsstaaten des Klimaabkommens von Paris bei der Uno neue nationale Klimaziele einreichen müssen. Das Pariser Abkommen sieht vor, dass alle Staaten selber bestimmen, wie viel sie zum globalen Ziel beitragen, und dass sie diese selbst bestimmten Ziele («nationally determined contributions», NDCs) alle fünf Jahre nachbessern. Fristgerecht haben das nur dreizehn Staaten getan – darunter die Schweiz (in dieser Hinsicht Musterschülerin) und die USA (eine mittlerweile wertlose Eingabe). Im Kleingedruckten des Schweizer NDC steht auch inhaltlich Musterschülerliches: zum Beispiel, dass man bei der Beurteilung, ob der Beitrag eines Landes fair sei, berücksichtigen müsse, wie viele Emissionen der Konsum dieses Landes ausserhalb seiner Grenzen verursache oder wie viel es zur internationalen Klimafinanzierung beitrage.
Richtig! Nur: Keine dieser «Fairnessbetrachtungen» wendet die Schweiz auf das eigene Emissionsziel an. Dieses lautet: minus 65 Prozent bis 2035 und netto null bis 2050. Wobei (das steht explizit nicht in der Eingabe, lässt sich aber aus den darin enthaltenen Zahlen errechnen): Einen sehr grossen Teil der Emissionen, die die Schweiz zu reduzieren verspricht, will sie gar nicht reduzieren, sondern kompensieren – wie auch immer das denn möglich sein soll.
Das widerspricht dem Klimaschutzgesetz, demzufolge die Klimaziele «soweit möglich durch Emissionsverminderungen in der Schweiz» erreicht werden müssen. Die unabhängige Plattform Climate Action Tracker gibt dafür ein klares «Ungenügend». Im Anhang zählt die Schweiz zudem Massnahmen auf, wie sie ihr Ziel zu erreichen gedenkt – darunter solche, die der Bundesrat schon wieder gestrichen hat oder deren Streichung er beantragt.
Das Schweizer NDC ist scheinheilig. Darin kann man aber auch ein Dokument der Ehrlichkeit sehen: weil es, wenn man es auf seine Selbstwidersprüche hin liest, eben diese Scheinheiligkeit der Schweizer Klimapolitik offenbart.