Pop: Altes Vinyl und Schwarze Solidarität

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Albumcover «Something About April III» von Adrian Younge
Adrian Younge: «Something About April III». Linear Labs. 2025.

Der Musiker und Produzent Adrian Younge verbindet bei seinem Label Jazz Is Dead die Formen des Hip-Hop mit der Tradition des Jazz, oft im Gespann mit alten Musikern wie dem kürzlich verstorbenen Vibrafonisten Roy Ayers oder dem Drummer Tony Allen und meistens mit seinem Kompagnon Ali Shaheed Muhammad, Gründungsmitglied der Hip-Hop-Gruppe A Tribe Called Quest. Bei Younge und Co. klingt Jazz soulig, psychedelisch, auch retro, obwohl das cool schleppende Schlagzeug die Herkunft aus dem Hip-Hop verrät und den Zeitbezug somit wieder etwas verwischt.

Younge synthetisiert eine Vergangenheit Schwarzer Musiken, die es so nie gegeben hat. In diesem Rückgriff steckt also die Sehnsucht nach einer Utopie. Nun erscheint der dritte Teil der Reihe «Something About April», die eigentlich nichts eint und auch wenig anders macht als die Projekte von Jazz Is Dead. Die ersten beiden Alben von 2012 und 2016 hatten einen klaren Fokus auf US-amerikanischem R & B der sechziger und siebziger Jahre, die seltsam anders und wunderbar futuristisch klangen. Schwarze Musikgeschichte ist nie nur Geschichte, sie geht immer weiter, weil sie noch immer um ihren Platz im Kanon und ihr Recht in der Gegenwart kämpft.

Der dritte Teil taucht nun in die afrobrasilianische Vergangenheit ein und markiert einen Neubeginn in Younges Werk. Jahrelang hat er in brasilianischen Plattenkisten gegraben, um diesen Sound neu zusammenzusetzen und nun mit grosser Kelle anzurichten. Viele Streicher und ein Chor verschmelzen mit einem Kontrabass, der oft die Gesangslinien doppelt, und dem nun wieder wie üblich zurückgelehnten akustischen Schlagzeug. Es ist ein psychedelischer Traum, der die Liebe zu altem Vinyl mit Schwarzer, transnationaler Solidarität erneuert. Wer will, kann auf diesem Album eine panamerikanische Liebesgeschichte verfolgen, die mal nach alten Telefonen klingt, dann wieder nach dem aktuellen Wunsch, die Musikgeschichte weniger ausschliesslich vom Westen aus zu schreiben.