13. IV-Rente: Parlamentarisches Trauerspiel

Nr. 16 –

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Gross war der Jubel vor einem Jahr, als die Stimmberechtigten mit über 58 Prozent Ja-Anteil einer 13. AHV-Monatsrente zustimmten. Gemäss Verfassung müssten die Renten der ersten Säule den Existenzbedarf jeder Anspruchsperson angemessen decken. Das ist selbst nach Einführung der 13. AHV-Rente nicht der Fall, weshalb viele Bezüger:innen weiterhin Ergänzungsleistungen (EL) erbitten müssen. Noch schlimmer sieht es bei jenen aus, die anderweitig Anspruch auf eine Rente haben, jedoch keine 13. Rente erhalten: den über 450 000 Menschen, die aufgrund körperlicher, geistiger oder psychischer Einschränkungen IV-Gelder beziehen.

Die Ungerechtigkeit ist umso stossender, als die meisten von ihnen nicht auf andere Einkommen zurückgreifen können: Laut dem Bund bezogen im Jahr 2021 nur 4,7 Prozent aller IV-Rentner:innen Leistungen der zweiten und/oder dritten Säule – bei den AHV-Rentner:innen waren es rund 80 Prozent.

Um diese Ungleichheit zu lindern, reichte die nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit im Mai 2024 eine parlamentarische Initiative für eine 13. Monatsrente auch für IV-Rentner:innen ein. Darauf reagierte die Schwesterkommission im Ständerat mit einer Motion, die sie auf EL-Bezüger:innen beschränken wollte (rund die Hälfte aller IV-Rentner:innen). Nachdem der Ständerat unlängst selbst diesen Vorschlag abgelehnt hatte, zog die nationalrätliche Kommission ihre Initiative nun zurück.

Es ist ein parlamentarisches Trauerspiel. Dabei zeigt sich wieder einmal die verfassungsunfreundliche Tradition unter der Bundeshauskuppel. Wobei auch die Frage offen bleibt, wie es um die Solidarität in der Gesamtbevölkerung steht: Ob es vor einem Jahr auch ein Ja zu einer Vorlage gegeben hätte, die eine 13. Monatsrente nicht nur für AHV-, sondern auch für IV-Rentner:innen vorgeschlagen hätte?

Jedenfalls wird es noch eine ganze Weile dauern, bis dieses Land den Vorgaben seiner Verfassung gerecht werden kann. Dafür gäbe es eine einfache Lösung: eine Volksrente, mit der alle Rentner:innen in Würde leben könnten.