Autobiografie: Ehrlich vom Partisanenkampf erzählen

Nr. 24 –

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Buchcover von «Die Brücke von Falmenta. Partisanen zwischen Italien und der Schweiz 1944»
Adriano Bianchi: «Die Brücke von Falmenta. Partisanen zwischen Italien und der Schweiz 1944». Aus dem Italienischen von Lorenzo Bonosi. Verlag Edition 8. Zürich 2024. 288 Seiten.

Der Sieg der Alliierten zeichnet sich schon ab, als Adriano Bianchi im Frühsommer 1944 beschliesst, Partisan zu werden. Der 21-jährige Italiener hat Glück: In die Schweiz geflüchtet, um nicht für Mussolini kämpfen zu müssen, darf er mit anderen Exilierten in Genf studieren – und könnte einfach warten, bis der Krieg vorbei ist.

Doch er entscheidet sich für die Rückkehr, hält es für wichtig, dass sich Italien zumindest teilweise selbst befreit. Im Valle Cannobina südlich von Brissago schliesst er sich einer Partisanengruppe an. Über fünfzig Jahre später, kurz vor der Jahrtausendwende, hat er darüber ein Buch geschrieben.

Manche Berichte aus dem antifaschistischen Widerstand lesen sich wie realsozialistische Heldenliteratur. Bianchi aber sucht die ehrliche Auseinandersetzung. Als er im Valle Cannobina ankommt, erlebt er mit, wie seine Kameraden einen Dörfler, den sie für einen Spitzel halten, foltern und erschiessen. Er ist entsetzt. Mit einem übergelaufenen ehemaligen Carabiniere versucht er einen Neuanfang: «Wir müssen die Männer gut auswählen, Regeln festlegen, Grenzen, wir müssen ihnen klarmachen, warum wir in die Berge gegangen sind und worin wir uns von den Faschisten und den Nazis unterscheiden.»

Im Herbst 1944 gelingt es Partisan:innen, südlich des Simplons ein ganzes Gebiet zu erobern und die «Republik Ossola» auszurufen. Doch damit können sie nicht mehr aus dem Versteckten agieren, müssen kämpfen wie ein Heer – und verlieren. Völlig erschöpft und fast halluzinierend vor Hunger, flüchtet Bianchis Einheit Richtung Schweiz und wird im Onsernonetal, direkt an der Grenze, von Mussolinis Truppen überrascht. Bianchi schafft es schwer verletzt nach Spruga und wird in einem Innerschweizer Militärspital gesund gepflegt.

Fünfzig Jahre später findet er für das alles eine nüchterne, beeindruckende Sprache und bleibt ehrlich bis zum Schluss. «Italien wirkte holprig, unaufgeräumt und wunderschön.» Doch seine Mutter, erst 42, scheint bei seiner Rückkehr drastisch gealtert.