Leser:innenbriefe

Nr. 39 –

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Konsterniert

«PFAS: Augen zu – und her mit der Wurst», WOZ Nr. 37/25

Ich bin zutiefst enttäuscht über die Entscheidung der schweizerischen Politik, die Langzeitstudie betreffend den PFAS zu streichen. Ich war mir sicher, dass unsere Bundesräte gut für die Gesundheit der Bevölkerung sorgen würden. Nun muss ich – und viele andere Menschen mit mir – konsterniert feststellen, dass dem leider nicht so ist. Die Wirtschaft – das Goldene Kalb, um das alle herumtanzen – hat immer Vorrang. Wenn mit der Zeit viele Menschen krank werden und nicht mehr arbeiten können, wird dies der Wirtschaft längerfristig mehr schaden. Die von den gefährlichen PFAS-Stoffen verursachten Gesundheitskosten werden dann die Krankenkassenprämien noch stärker in die Höhe treiben. Na ja, ich frage mich wirklich, was da für Leute in der Politik agieren.

Sabina Gabi, Balsthal

Gewalt und Krieg gegen Terror

«Rechtsextremismus: Er wollte bloss debattieren» und «Essay: Das Alltägliche und das Spektakel», WOZ Nr. 38/25

Warum hat der 22-jährige Tyler R. Charlie Kirk ermordet? Das beschäftigt die Öffentlichkeit nun eingehend. Nicht gross interessiert sich die sogenannte Öffentlichkeit für die Frage, warum die USA so viele Menschen im Rahmen des Krieges gegen den Terror in vielen Ländern «ausschalten», ermorden. Diese massenhaften Tötungen werden in den Medien, auch in der Schweiz, nur am Rande notiert oder sogar begrüsst im «Rahmen der Verteidigung der freien Welt».

Laut einem Bericht der US-Organisation Armed Conflict Location and Event Data Project (ACLED) haben die USA seit Trumps Amtsantritt am 20. Januar 529 Luftangriffe an 240 Orten im Nahen Osten, in Zentralasien und Afrika durchgeführt. Viele Zivilisten sind dabei umgekommen. Diese Zahlen, die nur die ersten fünf Monate von Trumps vierjähriger Amtszeit als Präsident berücksichtigen, nähern sich bereits den 555 Angriffen, die die US-Regierung von US-Präsident Joe Biden während seiner ganzen Amtszeit von 2021 bis 2025 gestartet hatte. Solche Angriffe ordneten auch Bush und Obama an, wie Biden und Trump, wohlwissend, dass dabei nicht nur Terroristen, sondern auch unschuldige Kinder, Frauen und Männer umkommen.

Der «Krieg gegen den Terror» der USA und anderer Nato-Staaten begann nach den Ereignissen vom 11. September 2001. Afghanistan wurde bombardiert, dann der Irak, Syrien, Libyen, der Iran, der Jemen. Trotzdem wurden die Kriegsmaterialexporte der Schweiz in die USA nie eingestellt. Kriegsmaterialexporte dürften nach dem Bundesgesetz über das Kriegsmaterial der Schweiz nicht in Länder exportiert werden, «die in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt sind».

Heinrich Frei, Zürich

Irreführende Gleichsetzung

«Ethik: Selbstbestimmt bis zuletzt – im Sterben wie im Leben», WOZ Nr. 37/25

Der Beitrag von Marc Keller eröffnet eine wichtige Debatte. Er vermischt jedoch zwei sehr unterschiedliche Ebenen: individuelle Autonomieentscheidungen und strukturelle Versorgungsdefizite. Indem privilegierte Fälle wie jener von Daniel Kahneman in einem Atemzug mit Erfahrungen von Menschen mit Behinderung oder mangelnder Pflegeunterstützung diskutiert werden, entsteht eine irreführende Gleichsetzung – als ob jede Inanspruchnahme von Sterbehilfe letztlich auf gesellschaftliche Missstände zurückzuführen sei.

Diese Vermischung ist nicht nur analytisch unsauber, sondern auch ethisch heikel: Sie relativiert die Bedeutung von selbstbestimmten, wohlüberlegten Entscheidungen und droht damit das Recht auf Autonomie am Lebensende zu untergraben. Zugleich schwächt sie die berechtigte Kritik an ageistischen und ableistischen Narrativen, die gerade eine eigene, scharfe Debatte verdienen.

Wer beides miteinander verknüpft, entwertet am Ende beide Anliegen. Die Klarheit, die diese Diskussionen bräuchten, geht verloren.

Elena Wilhelm, Windisch