Tessiner Prämienentlastung: Immerhin eine Notlösung

Nr. 40 –

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Was auf eidgenössischer Ebene im Juni 2024 knapp scheiterte, scheint in einigen Kantonen verbindliche Mehrheiten zu finden: Im Tessin sagten am vergangenen Wochenende 57 Prozent der Stimmberechtigten Ja zur «10-Prozent-Initiative» der SP. Krankenkassenprämien im Südkanton dürfen von nun an höchstens zehn Prozent des verfügbaren Einkommens eines Haushalts betragen.

Erstaunlich ist das nicht. Das Tessin ist ein Extrembeispiel für vieles, was in der Schweizer Gesundheitspolitik falsch läuft. Bereits bei der eidgenössischen Abstimmung zur Prämien-Entlastungs-Initiative der SP, die eine solche Obergrenze von zehn Prozent forderte und 2024 mit 55 Prozent Nein-Stimmen scheiterte, gab es im Tessin eine Ja-Mehrheit.

Die dortige Bevölkerung ist von den hohen Prämien besonders betroffen – in den letzten Jahren stiegen diese im Schnitt um rund zehn Prozent. Ein Grund dafür ist nicht zuletzt das verglichen mit anderen Kantonen zahlenmässig weit überdurchschnittliche Angebot an teuren Spezialist:innen und grösseren Spitälern. Gleichzeitig erhalten die Menschen im Tessin landesweit die tiefsten Durchschnittslöhne. So ist es eher erstaunlich, dass der Ja-Anteil nicht höher ausfiel. Ein Grund dafür könnte die Initiative «Krankenkassenprämien vollständig abzugsfähig!» der Lega dei Ticinesi sein, zu der am selben Wochenende über sechzig Prozent der Stimmenden Ja sagten. Geht es nach der rechten Partei, sollen die Steuerabzüge für Prämien deutlich erhöht werden.

Wenn auch der untere Mittelstand im Südkanton nun entlastet wird: Das Grundproblem lösen beide Vorlagen nicht. Vielmehr handelt es sich um Symptombekämpfungen. Das gilt auch für die Zehn-Prozent-Deckelung, die in der Waadt bereits umgesetzt und in Basel-Stadt unlängst beschlossen wurde – und zu der die SP entsprechende Initiativen in den Kantonen Freiburg und Neuenburg lanciert hat.

Für eine tatsächlich gerechtere Verteilung der Gesundheitskosten bräuchte es eine weit konsequentere Lösung: einkommensabhängige Prämien.