Auf allen Kanälen: SRF bei den Tate-Bros

Nr. 41 –

Die Recherchesendung «Rundschau» betreibt mit antifeministischen Positionen Clickbaiting. Recherche steckt im Beitrag hingegen kaum.

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stilisiertes Foto eines Mannes welcher seine Muskeln zeigt

«Der Machomann ist zurück», stellt der Beitrag gleich zu Beginn fest und macht sich auf die Suche nach den antifeministischen Typen, die das belegen. Mit Erfolg: In Sissach trifft das Team von SRF auf eine Horde bewaffneter Männer, die die Grenze ihrer Gemeinde verteidigen wollen, am Walensee auf zwei protzende Andrew-Tate-Anhänger mit Porsche, und in Dietikon steht ein Kampfsportler an einem verregneten Tag auf einem Sportplatz und redet darüber, wie Männer unterdrückt werden. Doch wozu das alles?

Schon für seine letzte Reise in die «Manosphere» erntete SRF viel Kritik: Vergangenen Frühling liess das Format «rec.» die Neonazis der Jungen Tat ohne die notwendige Einordnung ihre rassistischen und frauenverachtenden Positionen ausbreiten. Die Sendung, in der wir nun Männern dabei zusehen, wie sie beim Bräteln vom «Schweizer Männertum» schwärmen und mit ihren Waffen ihr Geschlecht «befreien» wollen, ist in diesem Fall kein Onlineformat, sondern die renommierte SRF-Sendung «Rundschau».

Wessen Porsche?

Die Sendung ist sich nicht zu schade, eine private Männer-Poolparty am Walensee zu zeigen – in einer «Mansion» empfängt der Tate-Bro und «Jungunternehmer» Joben Singh Bajwa das SRF-Team. Voller Stolz erzählt er von seinen angeblichen Erfolgen; so lancierte er eine Plattform für Nothelferkurse und verkauft Webdesigns und Werbung. Laut eigener Website zählen eine Dogsitterin, eine Familienfotografin und auch das eigene Nothelferkursunternehmen zu seinen Kund:innen. Singh Bajwas Herzensprojekt ist aber die Free Mind Tech AG, deren KI-Lösungen für Telefonbeantworter und automatisierte Mails er in der «Rundschau» präsentieren darf.

Mit minimaler Recherche liesse sich vieles davon als Geschwätz entlarven. Auf der Website der Firma finden sich drei Kund:innenbewertungen, zwei klingen verdächtig nach Fakes, die dritte stammt von der eigenen Nothelferkursfirma. Der Betrieb ist an einer Adresse in Schindellegi SZ mit über sechzig weiteren Firmen gemeldet. Dass die mutmassliche Briefkastenfirma eine Villa mit Pool am Walensee finanzieren kann: unwahrscheinlich. Ein Anruf der WOZ beim Grundbuchamt ergibt, dass die Villa nicht Joben Singh Bajwa, sondern Harprit Kaur und Balkar Singh Bajwa, mutmasslich ein naher Verwandter, gehört. Diese haben wiederum dieselbe Meldeadresse wie die Nothelferkursfirma. Und der Porsche? Laut einer Halterabfrage gehört er gar nicht Joben Singh Bajwa, sondern einer Frau Mettler.

Von solchen Hintergründen erfahren wir in der «Rundschau», die eigentlich für gründliche Recherchen bekannt ist, leider nichts. Der Mann darf erklären, dass er mit dem Sportwagen auch Frauen beeindrucken wolle, und scheint sich über den Beitrag gefreut zu haben: Nach dem Besuch postete er auf Instagram ein Video, wie er während des SRF-Drehs mit seinen Bros im Pool abhängt, den Porsche vor der Haustür. Dazu schreibt er: «They call it luck, I call it hard work.»

Er ist gern der Chef

Das wäre ja alles lustig, wenn es nicht so düster wäre. Denn Joben Singh Bajwa erklärt in der «Rundschau» auch, dass er als Mann gern der Chef ist – über sein Unternehmen, aber auch über seine Partnerin. Sein Vorbild sei Andrew Tate; der ist wegen mehrfacher Vergewaltigung, Menschenhandel und dem Bilden einer kriminellen Vereinigung angeklagt, verbreitet rechtsextreme Verschwörungstheorien und verdient viel Geld mit antifeministischen Onlinecoachings.

Zwar folgt im Anschluss an den Beitrag ein konfrontatives Interview mit dem Männercoach Arsim Muslija (der auch den Kampfsportler aus Dietikon berät). Doch man fragt sich, wieso die kritische Einordnung, die die Journalistin in den Fragen liefert, nicht bereits in den Hauptbeitrag eingebaut wurde, während hier ein weiterer Mann seine frauenverachtenden und gewaltvollen Positionen verteidigen darf.

Polarisierende Inhalte bringen Zuschauer:innen; vor allem voyeuristische Videoformate über antifeministische Prahler liegen seit Jahren im Trend. Man sollte erwarten, dass sich SRF nicht dafür einspannen lässt. Stattdessen gibt es das beste Beispiel dafür ab, wie erschreckend salonfähig solche Inhalte heute sind.