Regierungskrise in Frankreich: Zoff auf dem Pausenplatz
Kinder durchleben ja irgendwann diese Phase, in der sie sehr kategorisch und lauthals verkünden: «Das ist nicht mein Freund! Mit dem spiel ich nicht!» Analog verhält es sich seit einiger Zeit bei Frankreichs Politeliten: Entgeistert schaut man einem Spektakel zu, das längst ein veritables Drama ist.
Nach 27 Tagen im Amt warf Premierminister Sébastien Lecornu am Montagmorgen das Handtuch. So stand das Land, die Tasse Café und das Croissant noch in der Hand, mal wieder ohne Regierungschef:in da. Er habe sich zu diesem Schritt gezwungen gefühlt, weil sein erst am Vorabend vorgestelltes Kabinett parteiübergreifend kritisiert worden sei – nicht zuletzt, weil es überwiegend aus bereits amtierenden Minister:innen bestand. Schönheitskorrekturen, nicht der angekündigte Bruch. Immer noch am Montag, man glaubte schon an einen schlechten Witz, erhielt Lecornu von Emmanuel Macron den Auftrag, sich bis Mittwochabend (nach WOZ-Redaktionsschluss) doch noch um eine Mehrheit zu bemühen.
Immer wieder fällt ein Wort: «inédit» – noch nie da gewesen, beispiellos. Wie soll das gehen? Was kommt jetzt? Ginge es nach Marine Le Pen und ihrem rechtsextremen Rassemblement National, kommen nur noch die Auflösung der Nationalversammlung und Neuwahlen infrage, von denen sie sich endlich eine eigene Regierungsmehrheit erhofft. Im linken Lager, letztes Jahr noch im Nouveau Front populaire geeint, scheiden sich indes die Geister. Wie viel Chaos will man dem Land noch zumuten? Könnten Neuwahlen zu einer linken Regierung führen? Während die Linkspartei La France insoumise sie schon lange fordert und mehr noch Macrons Rücktritt, glauben Sozialist:innen und Grüne noch an eine Lösung im bestehenden Parlament, wollen dafür aber Zugeständnisse.
Bei den Bürger:innen hingegen herrscht neben Wut mittlerweile auch Angst: Welche wirtschaftlichen und sozialen Folgen drohen einem Land im anhaltenden Krisenmodus? Das unwürdige Gerangel der Streithähne auf dem Pausenhof schadet am Ende vor allem dem Vertrauen in die Demokratie.