Film: Auf dem Pulverfass

Nr. 43 –

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Still aus der Serie
«A House of Dynamite». Regie: Kathryn Bigelow. USA 2025. Jetzt im Kino, ab 24. Oktober auf Netflix.

Der handwerklich sehr gut gemachte Film kann tatsächlich Albträume und Panik auslösen. Was auch damit zu tun hat, dass Actionveteranin Bigelow, eine der wenigen Frauen, die in diesem Genre überhaupt Regie führen, ihren Stoff aus seiner typischen Verankerung im beruhigenden Heldentum reisst. In «A House of Dynamite» zeigt uns die 73-Jährige zwei Handvoll durchschnittliche Menschen, die ganz plötzlich mit Übelkeit erregenden existenziellen Entscheidungen konfrontiert sind. Die Atomrakete rast auf die Millionenmetropole Chicago zu, prognostizierter Einschlag in zwanzig Minuten. Der hastig im Zoom-Call zusammengerufene nationale Sicherheitsrat inklusive Präsident wirkt wie eine Ansammlung von Entscheidungsträger:innen, denen man weder die Zukunft der Welt noch das eigene Leben anvertrauen möchte. Ähnlich sieht es beim Bodenpersonal im Situation Room und auf den Militärbasen aus.

Das ist alles zweifellos realistischer, als uns lieb sein kann. Es stellt die unbequeme Frage, wie Menschen arbeiten, wenn sie sich mit der eigenen Auslöschung konfrontiert sehen. Versuchen sie, selbstlos, konzentriert und mit allerlei Geistesblitzen die Welt zu retten, wie wir das aus einschlägigen Filmen kennen – oder telefonieren sich doch lieber noch ein paar Minuten tränenerstickt mit ihrer Mutter?

Klar kann man die aus unterschiedlichen Perspektiven erzählten Geschehnisse von «A House of Dynamite» auch etwas distanzierter als Metapher für die entgleiste Gegenwart verstehen; als Sinnbild für die dünne Sicherheitsschicht der sogenannten Normalität; als explosive Flaschenpost aus dem Kalten Krieg; als Dokument des beschleunigten Wahnsinns, in dem wir leben. Aber auch diese Lesarten tragen nicht viel zur Beruhigung bei.