Blog zu den Wahlen 2023

Gelingt Ritters Bäuer:innen­aufstand?

Die als «Geld-und-Gülle-Allianz» verspottete Koalition zwischen Bauernverband und Economiesuisse funktioniert elektoral. Das Kapital freuts.

Bildhauerei an einer Wand im Bundeshaus
Foto: Caroline Minjolle

Anruf am Freitag bei Bauernkönig Markus Ritter. Ritter ist gut gelaunt, zuversichtlich, sein Programm am Wochenende sei «dicht gedrängt». Ritter hatte Grosses vor, der Bauernverbandspräsident und Mitte-Nationalrat hatte vor den Wahlen angekündigt, zwölf zusätzliche National- und drei zusätzliche Ständerät:innen aus dem ländlichen Raum ins Parlament bringen zu wollen; die Wahlkampfkasse war gut gefüllt, und die «Bauernzeitung» veröffentlichte über 200 bezahlte Kandidierendenporträts auf ihrer Website.

Am Sonntag, Stand 17 Uhr, zeichnete sich ein Erfolg für Ritter ab. Er habe den Überblick noch nicht, sagt der Cheflobbyist am Telefon, es sehe aber ganz danach aus, als seien alle zwölf angestrebten Nationalratssitze geholt worden: «Die Rechnung geht auf.»

Was interessieren da die Bäuerinnen?

Ist das nun der «Sturm» (watson.ch) der Bäuer:innen aufs Parlament? Oder eher der Siegeszug der «Perspektive Schweiz»? Im Januar dieses Jahres hatte Ritter mit der als «Geld-und-Gülle-Allianz» verspotteten Koalition aus dem Bauernverband (SBV) auf der einen und Economiesuisse, Gewerbeverband und Arbeitgeberverband auf der anderen Seite zur Pressekonferenz geladen. Um wessen Perspektive es da eigentlich ging, brachte SP-Nationalrätin Jacqueline Badran damals gegenüber der WOZ auf den Punkt: Der Bauernverband helfe bei den Steuersenkungen für die Kapitaleigentümer:innen, die die Economiesuisse vorantreibe. Umgekehrt würden die Agrarsubventionen nicht angetastet.

Es ist eine Fortsetzungsgeschichte: Bereits 2020 ging der Bauernverband mit Economiesuisse einen Kuhhandel ein und unterstützte das Nein zur Konzernverantwortungsinitiative, um Economiesuisse für die Verhandlungen der Agrarreform zu gewinnen. Und 2022 fasste der SBV die Ja-Parole zur AHV-Reform, obwohl gerade für Bäuerinnen die AHV viel wichtiger ist als die zweite Säule.

Alles für das Kapital

Die heute Sonntag nicht wiedergewählte Zürcher Nationalrätin der Grünen Meret Schneider wies Anfang dieses Jahres darauf hin, dass sich die SBV-nahen Parlamentarier:innen in der letzten Legislatur durchs Band wirtschaftsfreundlich verhalten hätten – selbst bei Themen, die der Schweizer Landwirtschaft oder den Landwirt:innen direkt schadeten.

Lobbyist Ritter hat heute einen Sieg davongetragen – es fragt sich bloss: für wen?