Der WOZ-Blog zum Ukrainekrieg

«Mit Putin macht man keine Geschäfte»

Zum Teil erstaunliche Einigkeit: Yves Wegelin (WOZ), Ruedi Noser (FDP), Benedikt Würth (Die Mitte), Angela Mattli (Public Eye), Jon Pult (SP), Manuela Weichelt (Grüne).

Auf dem WOZ-Podium: Die Ständeräte Ruedi Noser (FDP) und Benedikt Würth (Die Mitte) sprechen sich für eine konsequentere Suche nach Oligarchengeldern aus – und für eine Verschärfung des Geldwäschereigesetzes.

«Die Schweiz ist für Russlands Machtapparat, der Krieg gegen die Ukraine führt, ein zentraler Finanz- und Rohstoffplatz. Was ist jetzt zu tun?» Unter dieser Fragestellung fand am Montagabend ein von WOZ-Redaktor Yves Wegelin geleitetes Podiumsgespräch im Zürcher Kulturzentrum Kosmos statt. Neben vier Politiker:innen sass auch Angela Mattli von Public Eye auf der Bühne. Seit Jahren verfolgt Public Eye den Rohwarenhandel in der Schweiz und weiss über das riesige Volumen russischer Rohstoffe, die von der Schweiz aus gehandelt werden: 80,5 Millionen Fass russisches Erdöl – bei einem Fasspreis von 100 Franken entspricht das einem Wert von 8,5 Milliarden Franken – sollen laut Mattli allein im Februar und März dieses Jahres von in der Schweiz ansässigen Unternehmen verschoben worden sein. Klar ist: Mit den Einnahmen daraus finanziert Russland seinen Krieg gegen die Ukraine.

Neutralität «justieren»

Für alle auf dem Podium ist das eine unhaltbare Situation. «Mit jemandem, der einen Vernichtungskrieg führt, macht man keine Geschäfte», deklarierte der Zürcher FDP-Ständerat Ruedi Noser. Allerdings präzisierte Noser später, dass er damit sehr allgemein alle europäischen Staaten meine. Jetzt den Schweizer Handel mit russischen Rohwaren zu stoppen, bringe nichts, dieser würde sich einfach an einen anderen Ort, etwa nach Singapur, verlagern, so Noser. Sein St. Galler Ratskollege Benedikt Würth (Die Mitte) stimmte ihm zu.

Würth stellte eine neue weltpolitische Situation fest. Es gelte, die westlichen Werte zu sichern. Man müsse alles tun, damit Wladimir Putin den Krieg nicht gewinne. Die Schweizer Neutralität sei neu zu justieren. Doch: «Den Handel mit Russland in der Rückschau zu kritisieren, ist scheinheilig.» Alle hätten Putin unterschätzt. Dem widersprach die grüne Nationalrätin Manuela Weichelt aus Zug vehement. Die Grün-Alternativen hätten in den letzten zwanzig Jahren mindestens vierzig Protestaktionen vor russischen Firmen in Zug durchgeführt. «Wir haben immer vor Putin gewarnt, auch als ihm 2002 in Zug ein Friedenspreis verliehen wurde.» Als Grund, weshalb besonders Zug so viele dubiose Unternehmen anziehe, identifiziert Weichelt die Steuergesetzgebung.

Wem gehören die Firmen?

Einig war man sich auf dem Podium, dass die beschlossenen Sanktionen gegen Russland konsequenter umgesetzt werden müssen. Nötig sei eine Taskforce, in der diverse Amtsstellen zusammenarbeiten würden und die aktiv nach Geldern suche, statt einfach auf Meldungen zu warten.

Den zu sanktionierenden Oligarchen helfe die Schweizer Gesetzgebung, sagte Angela Mattli. SP-Nationalrat Jon Pult fragte rhetorisch: «Wollen wir nach wie vor ein Land mit maximaler Intransparenz sein oder zu einem ganz normalen europäischen Land werden?» Es sei gewollt, dass jetzt die Gelder nicht gefunden würden. Es brauche zum Beispiel ein schärferes Geldwäschereigesetz, dem auch die Anwälte und Treuhänderinnen unterstellt seien, oder eine stärkere Regulierung des Kunstmarkts, so Pult. Weichelt forderte die Schaffung eines Registers der wirtschaftlich Berechtigten von Schweizer Unternehmen. Damit öffentlich einsehbar werde, wem eine Firma mit Sitz in der Schweiz wirklich gehöre.

Die Ständeräte Würth und Noser bekannten sich zu einem verschärften Geldwäschereigesetz. «Die Wirtschaft» sei schon länger dafür, sagte Noser, der die Anwält:innen im Parlament dafür verantwortlich machte, dass dies noch nicht geschehen sei. Ein nächster Anlauf der Räte im Herbst werde erfolgreicher sein, zeigten sich die beiden Bürgerlichen überzeugt.


Die Aufzeichnung der Podiumsdiskussion finden Sie hier.