Klimablog

Das Schweizer Paris-Mandat: Hat da jemand etwas falsch verstanden?

Am Donnerstag hat der Bundesrat das Verhandlungsmandat für die Schweizer Delegation in Paris bekannt gegeben. Zunächst einmal: Es fällt im Rahmen dessen aus, was zu erwarten war, also mutlos.

Eines freilich hatte man noch erhoffen können, was nun ausbleibt: Viele Länder haben im Vorfeld der Pariser Konferenz bekannt gegeben, wie viel Geld sie ab 2020 zur Finanzierung von klimapolitischen Massnahmen sowie Anpassungen an den Klimawandel in den ärmsten Ländern zur Verfügung stellen wollen – Deutschland beispielsweise 4 Milliarden Euro. An der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 hatten die reichen Staaten dafür 100 Milliarden Dollar pro Jahr versprochen. Doch statt einer Zusage eines konkreten Schweizer Beitrags stehen hier (PDF-Datei) nun lediglich viele Worte. Aber eigentlich ist das doch keine Überraschung: Es fehlt der Schweiz nämlich ein Plan, wie eine allfällige Zusage überhaupt zu finanzieren wäre. Klima-Campaigner Jürg Staudenmann von der Arbeitsgemeinschaft AllianceSud schreibt mir dazu: «Wir (Alliance Sud und ihre 60 Partnerorganisationen der Klimaallianz Schweiz) sind sehr besorgt, dass die Schweiz ohne finanzielle Zusage an die Pariser Klimakonferenz reist. Die Schweiz scheint den Ernst der Lage nicht (an)zuerkennen.» Die Schweiz müsse neue, verursachergerechte Finanzierungsmechanismen prüfen.

Und dann gibt es da noch zwei Details, die mich zweifeln lassen, ob der Bundesrat wirklich verstanden hat, worum es geht:

  • Die Schweiz wolle die Emissionen pro Kopf und Jahr von heute 6,5 auf 1 Tonne senken (PDF-Datei). So lese ich das zum ersten Mal. Tönt ambitioniert? Im Gegenteil: Es gibt keine Angabe dazu, bis wann das erreicht werden soll; es scheint sich in den Augen des Bundesrats also um ein Endziel zu handeln. Aber das Endziel muss heissen: null anthropogene CO2-Emissionen. Denn es gibt ein «Budget», wie viel CO2-Emissionen noch zur Verfügung stehen, wenn der Temperaturanstieg begrenzt werden soll. Und jedes Budget ist irgendwann aufgebraucht. Dann liegt auch keine Tonne pro Kopf mehr drin. Sogar die G7 hat das im Prinzip begriffen und sich zur langfristigen Dekarbonisierung bekannt – nicht so der Bundesrat. Das Bundesamt für Umwelt schreibt mir dazu: «Es wird immer minimale Emissionen für die Bereitstellung von Nahrungsmitteln geben (1 Tonne pro Kopf). Die unvermeidlichen Emissionen müssen kompensiert werden z.B. durch die CO2-Senken.» Geht aber nicht. Auch die so genannten CO2-Senken (Wälder, Meere) sind irgendwann «voll» und können kein weiteres CO2 mehr aufnehmen.
  • Die Schweiz bekenne sich zum Ziel, den Temperaturanstieg «bis ins Jahr 2100 auf unter zwei Grad» zu begrenzen. Aber hallo: Als sich die internationale Gemeinschaft zum 2-Grad-Ziel bekannte, dann ging es da nicht um das Jahr 2100. Eine Erwärmung um mehr als 2 Grad ist im 22. Jahrhundert nicht weniger gefährlich als im 21., und wenn der Temperaturanstieg bis 2100 gerade noch unter 2 Grad liegt, die Temperatur aber weiter steigt, ist das Ziel verpasst. Antwort Bafu: «In der Medienmitteilung wird als langfristiger Kontext auf das Jahr 2100 hingewiesen, für welchen die Wissenschaft (IPCC) klare Empfehlungen vorgibt. Die globalen Treibhausgasemissionen müssen gemäss Wissenschaft zur Einhaltung des 2-Grad-Ziels negativ sein.» Was sich ja beisst mit der 1-Tonne-pro-Kopf-Aussage.

Heute Samstag, 28. November, ist globaler Aktionstag. In der Schweiz finden Kundgebungen in diesen Städten statt: Bern, Zürich, St Gallen, Luzern, Genf, Lausanne, Lugano (Samstagabend und Sonntag). Informationen zu den Schweizer Veranstaltungen gibt es hier; zum globalen Climate March hier.