WOZ-Abstimmungsblog

Mercosur ist tot

Illustration: Ruedi Widmer

51,7 Prozent der Stimmenden sagen Ja zum Freihandelsabkommen mit Indonesien. Das ist gleichzeitig eine gute und eine schlechte Nachricht – und ein Anlass zum Ärger.

Eine gute Nachricht ist das Abstimmungsresultat, weil es angesichts der Ausgangslage sensationell knapp ausgefallen ist. Das Referendumskomitee mit seinem Budget von 120000 Franken hat beinahe die Kampagnenmaschine Economiesuisse bezwungen – und das, obwohl die SP gespalten war und sich viele NGOs vornehm aus dem Abstimmungskampf herausgehalten oder gar eine Ja-Parole beschlossen hatten. Das Misstrauen in der Bevölkerung dem real existierenden Freihandel gegenüber ist offensichtlich stärker als von vielen vermutet – und der Versuch, das System mit schwammiger Nachhaltigkeitsrhetorik grün einzufärben, verfing kaum. Das noch nicht ratifizierte, aber bereits fertig verhandelte Abkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten dürfte damit vom Tisch sein: Gegen eine geeinte Linke, engagiertere NGOs und viel stärkeren Widerstand aus bäuerlichen Kreisen wird es keine Chance haben.

Eine schlechte Nachricht ist das heutige Ergebnis darum, weil es halt doch ein Ja ist. Und zwar eines mit realen Auswirkungen vor Ort: Für Credit Suisse, Nestlé, Glencore und Co. wird es deutlich einfacher, in Indonesien zu investieren. Der Druck auf die natürlichen Ressourcen wird weiter steigen – zum Leidwesen des Klimas, der Biodiversität, der Bevölkerung in Indonesiens ländlichen Gegenden, zur Freude des militärisch-agroindustriellen Komplexes des Inselstaats. Und Indonesien muss jetzt – quasi eine Lex Syngenta – haarsträubende Bestimmungen zum Schutz von «geistigem Eigentum» beim Saatgut umsetzen (siehe WOZ Nr. 06/21).

Ärgerlich ist, dass die heutige Abstimmung zu gewinnen gewesen wäre. Angesichts einer zwar begrüssenswerten, im Konkreten aber nebensächlichen Nachhaltigkeitsklausel für ein paar Tonnen Palmöl haben NGOs wie Swissaid oder der WWF das Abkommen unterstützt, andere wie Alliance Sud, Brot für alle oder Public Eye sich enthalten. Und das SP-Urgestein Rudolf Strahm wüde man jetzt gerne fragen, wie viele Leute wohl heute, wie von ihm empfohlen, ein «kritisches Ja» in die Urne geworfen haben – und was sich Indonesiens KleinbäuerInnen jetzt davon kaufen können.