Durch den Monat mit Robert Huber (Teil 2): Neid auf die EM-Spieler?

Sie sind ein sehr treuer Spieler: 
neun Jahre beim FC Muri, dann 
vier beim FC Zürich und nun 
das sechste beim FC Winterthur. 
Hat das mit Bequemlichkeit zu tun, 
oder wachsen Ihnen die Vereine 
derart ans Herz?
Beides. Ich schaue mir nach wie vor Spiele des FC Muri an, mein Bruder spielt noch dort. Ich gehe gerne zum FC Zürich, bin quasi ein Fan. Ich mag diese Vereine und schätze, dass ich dort Leute kennen gelernt habe, die sich mit Herzblut dafür einsetzen. Das ist auch beim FC Winterthur so. Dazu kommt, dass der Weg an die ETH, wo ich bald mein Agronomiestudium abschliesse, nicht sehr weit ist. Ich will nicht umherreisen, um mehr Geld zu verdienen. Ich bin eher der Typ, der sich an etwas gewöhnt und den Aufwand scheut, das zu ändern. Aber es gibt auch Grenzen: Wäre der FC Winterthur abgestiegen, wäre auch ich gegangen.

Was bewog Sie damals, im besten Fussballalter vom FCZ in die Nationalliga B zu wechseln?
Ich hatte das Gefühl, dass ich eine Ausbildung machen musste, weil ich mit Fussball nie so viel Geld verdienen würde, dass ich ausgesorgt hätte. Und ich merkte, dass die Nationalliga A für mich das Limit war. Das hat damit zu tun, dass ich nicht ein so guter Fussballer bin. Vor allem aber konnte ich mit dem psychischen Druck schwer umgehen und nie befreit spielen. Deshalb entschied ich mich für einen Mittelweg, und das war der Wechsel zum FC Winterthur.

Sie sind Verteidiger, Tore schiessen Sie wenige. Erinnern Sie sich noch ans letzte?
Sicher, das war im Frühling 2002. Wir lagen in der Aufstiegsrunde 0:2 gegen Xamax zurück, ich schoss das 1:2. In meiner Profikarriere habe ich insgesamt nur dreimal getroffen. Natürlich würde ich gerne mehr Tore schiessen, aber ich bin einfach der Typ, der immer das Abspiel sucht, der den Drang zum Tor überhaupt nicht hat. Ich gehe auch nicht nach vorne bei Eckbällen oder Freistössen, weil die andern finden, ich sei mit 1,73 Meter zu klein und solle hinten bleiben. Aber abwarten, ich treffe bestimmt mal wieder.

Sie haben einst fünfzehn Spiele 
mit der U21-Nationalmannschaft bestritten. Da hatten Sie berühmte Mitspieler.
Es ist meine Generation, die jetzt an die EM fährt: Müller, Celestini, Hakan Yakin, Vogel, Wicky, Haas – mit ihnen spielte ich damals zusammen. Ich freue mich sehr für sie, dass sie es so weit geschafft haben.

Kommt keine Wehmut auf, weil Sie nicht dabei sind?
Ich beneide sie natürlich schon ein bisschen. Aber sie hatten zu diesem Zeitpunkt einfach das grössere Potenzial und konnten dieses auch ausschöpfen. Ein Hakan Yakin etwa machte alles mit Leichtigkeit, der tschüttelte einfach. Für mich war es ein Kampf, ich musste immer sehr diszipliniert und hoch konzentriert sein, um das Niveau zu erreichen. Mit der U21 und dem, was ich dort erlebte, habe ich wirklich das Maximum aus mir herausgeholt.

Wer hat Sie von der aktuellen Nationalmannschaft am stärksten beeindruckt?
Ich bin ein Fan von Patrick Müller. Mich beeindruckt sein fussballerisches Können, aber auch seine Persönlichkeit: Er ist überhaupt nicht arrogant und sehr auf dem Boden geblieben.

Was erwarten Sie von den Schweizern an der EM?
Ich traue ihnen zu, dass sie die Viertelfinals erreichen können, wenn alles optimal läuft. Sie sind als Gruppe gefestigt, und verschiedene Turniere haben gezeigt, dass es nicht so darauf ankommt, wie gut die einzelnen Spieler sind. Wichtiger ist, wie nahe die Mannschaft zusammenrückt und natürlich wie viel Glück man im ersten Spiel hat. Aber ich glaube nicht, dass es nachher noch viel weiter gehen wird.

Wer ist Ihr Turnierfavorit?
Frankreich und Holland, weil sie ein extrem breites Kader haben. Also jede Menge Spieler, die allein ein Spiel entscheiden können. Wenn einer ausfällt, dann haben sie immer einen passenden Ersatz, während andere Teams dadurch gleich geschwächt werden. Auch Portugal ist einiges zuzutrauen mit dem Heimvorteil. Und natürlich darf man Italien, Deutschland oder Tschechien nie abschreiben.

Robert Huber, 29, ist Aussenverteidiger und Captain des Challenge-League-Klubs FC Winterthur.