Durch den Monat mit Robert Huber (Teil 4): Schon bespuckt worden?

Wurden Sie auf dem Fussballplatz schon mal bespuckt?
Ja, mindestens zweimal. Es war eine erniedrigende Erfahrung. Spieler, die spucken, disqualifizieren sich selber. Das ist daneben und primitiv.

Wie reagierten Sie?
Gar nicht. Man ist dem ziemlich ausgeliefert. Sich zu revanchieren ist nicht die passende Antwort. Man kann sich beim Schiri beklagen, aber meistens hat ers ja nicht gesehen. Die einzige Möglichkeit ist, den betreffenden Spieler mit Verachtung zu bestrafen und besser zu spielen als er.

Nach der Spuckattacke von Alex Frei brandete eine Welle der Empörung durchs Land.
Solche Geschichten haben einen Einfluss darauf, ob ich einen Spieler mag oder nicht. Alex Frei ist in meiner Wertschätzung sicher gesunken. Aber den ganzen Medienrummel halte ich für unnötig. Man darf nicht meinen, dass Fussball ein Sport ist, bei dem man lieb miteinander umgeht. Zum Fussball gehören Aggressionen und Wut. Und gerade die Spieler, die in den besten Ligen spielen, haben ein gewisses Potenzial an solchen Emotionen, sonst wären sie gar nicht so weit gekommen. An dieser EM gibt es wohl kaum einen, der nicht irgendwann seinem Gegenspieler auf den Fuss tritt oder den Ellbogen im Zweikampf lupft. Aber wenn die Grenze überschritten wird, wenn es nicht mehr um den Ball geht, sondern um etwas Persönliches – dänn isch nümme guet.

Der neue englische Shooting Star, Wayne Rooney, geht auch nicht gerade zimperlich zur Sache.
Bei ihm zeigt sich genau dieser schmale Grat zwischen aggressivem Spiel und Körperverletzung. Seine Rushes und Schüsse finde ich super. Handkehrum nervts mich, wenn er wieder mit dem Ellbogen voran seinem Gegner fast den Schädel spaltet oder Jörg Stiel mit gestrecktem Bein attackiert.

Was für eine Strategie überlegt sich ein Verteidiger, der gegen Rooney spielen muss?
Du probierst, ihn so eng zu decken, dass er sich nicht mit dem Ball drehen kann. Wenn man sich mal auf ihn eingestellt hat, ist ein Rooney eher kontrollierbar als ein Zidane. Und jetzt, wo man ihn international kennt, werden sie ihn provozieren. Irgendwann wird er mal vom Platz fliegen. Für seinen weiteren Karriereweg wird entscheidend sein, ob er seine Unbeherrschtheit in den Griff kriegt. So was wird auch auf unserer Stufe gemacht: Gute Spieler, die sich emotional nicht unter Kontrolle haben, werden absichtlich provoziert. Da sagt der Trainer: «Steh ihm mal auf den Fuss! Beschimpf ihn mal!»

Die Schweiz ist mit einem Punkt ausgeschieden. Ihre Bilanz?
Sie haben sich im Verlauf des Turniers gesteigert, wurden ballsicherer und trauten sich mehr zu. Aber man sah, wo der Unterschied zwischen der Schweiz und England oder Frankreich liegt: nicht unbedingt im Spielerischen oder Kämpferischen, sondern in den zwanzig Metern vor dem Tor, wos drauf ankommt, dass man sich in eine günstige Schussposition bringen kann oder dass die Flanken genau ankommen. Deshalb fand ich gut, dass Köbi Kuhn am Ende auf Leute wie Cabanas, Vonlanthen oder Gygax gesetzt hat. Sie haben ihre Chancen genützt und gezeigt, dass es eine Zukunft für den Schweizer Fussball gibt.

Im Schatten der EM hat für «normale» Spieler bereits wieder das Training begonnen. Nehmen Sie auch Anschauungsunterricht?
Beim FCZ fragte Trainer Ponte jeweils nach solchen Spielen ab, ob man die oder die Szene gesehen habe. Da hattest du wirklich ein schlechtes Gewissen, wenn du mal einen Match nicht geschaut hast, weil du sonst schon die ganze Zeit mit dem Ball rumrennst. Auf meiner Stufe ist es primär ein Vergnügen, aber ich achte schon darauf, wie sich rechte Verteidiger verhalten.

Und haben Sie schon etwas gelernt?
Vor allem, was man nicht tun sollte. Es ist vielleicht ein bisschen gemein, weil man viel und zum Teil ungerechtfertig auf Bernt Haas herumhackt: Aber bei ihm ist mir aufgefallen, dass er sich nicht aus der Viererkette getraut und darum zu spät kommt, wenn er auf seiner Seite einen Spieler angreifen muss. Oder Ferreira von Portugal, der gegen Griechenland unbedrängt einen Pass in die Mitte spielte – und schon gabs ein Tor. Ich werde mir in Zukunft zweimal überlegen, ob ich in so einer Situation einen Pass in die Mitte spiele.

Robert Huber, 29, ist Aussenverteidiger und Captain des Challenge-League-Klubs FC Winterthur.