Die «grüne Welle» ist vorbei: Alle Umfragen prognostizieren Verluste für die Grünen, Gewinne für die SVP. Wann hat der Wind gedreht?

Im Juni 2021, sagen viele. Damals lehnten die Stimmenden mit 51,6 Prozent das überarbeitete CO₂-Gesetz ab. Ein knappes Resultat bei einer moderaten – besser gesagt: ausser im Gebäudebereich ziemlich zahnlosen – Vorlage. Geschickt weiss die SVP diesen Sieg auszunutzen, obwohl er knapp war und vermutlich nur zustande kam, weil wegen der beiden Pestizidinitiativen besonders viele Rechte abstimmten.

Zwei Jahre später, im Juni dieses Jahres, das Ja zum Klimaschutzgesetz (KLG): mit 59,1 Prozent ein viel klareres Resultat als das Nein von 2021 und ein Sieg für alle, die die Klimaerhitzung ernst nehmen. Auf diesen Sieg könnte man sich berufen, auch im Wahlkampf – doch das geschieht viel zu wenig. Stattdessen fühlt sich fast jede:r grüne Exponent:in verpflichtet, sich von den «Klimaklebern» abzugrenzen – als wären diese das Problem und nicht die Katastrophe, auf die sie aufmerksam machen.

Und das Parlament, das das KLG als Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative selbst erarbeitet hat, verhält sich, als hätte es die eigene Vorlage schon wieder vergessen. Im KLG steht etwa, die Emissionen müssten bis 2050 auf netto null sinken, möglichst durch Emissionsverminderungen in der Schweiz, nicht durch «Kompensieren» im Ausland. Die geplante nächste Version des CO₂-Gesetzes widerspricht diesem Weg (siehe WOZ Nr. 38/23), der Ständerat hat sie am Montag sogar noch verschlechtert.

Ausserdem sollen laut Artikel 12 des KLG alle Erlasse des Bundes und der Kantone so ausgestaltet werden, «dass sie zur Erreichung der Ziele dieses Gesetzes beitragen». Der Artikel erwähnt diverse Bereiche explizit, etwa Umwelt, Energie, Finanzwirtschaft, Strassen- und Luftverkehr. Vieles, was das Parlament in der laufenden Session beschlossen hat, widerspricht diesem Artikel 12, ganz besonders der Autobahnausbau.

Die Klimademo am Samstag ist eine gute Gelegenheit, das Parlament an das Abstimmungsresultat vom Juni zu erinnern.

Nationale Klimademo: Bern, Bollwerk, Samstag, 30. September 2023, 14 Uhr.