Schengen: Der Crashkurs

Schengen soll mehr Sicherheit bringen. Was soll daran schlecht sein?
Die Schweiz ist heute schon ein sehr sicheres Land. Perfekte Sicherheit gibt es nicht – auch nicht mit Grosscomputern und willkürlichen Kontrollen. Zur Sicherheit in einem demokratischen Staat gehört auch die Rechtssicherheit, von der Polizei in Ruhe gelassen zu werden, solange man nicht einer Straftat verdächtig ist. Kontrollen ohne Verdacht und ungehemmter Datenaustausch höhlen diese Sicherheit aus.

Weshalb sollen die Polizeien in Europa nicht zusammenarbeiten?
Sie arbeiten schon heute zusammen und sollen das auch tun – aber unter demokratischer Kontrolle, mit festen rechtlichen Grenzen und gesichertem Datenschutz. Das ist bei Schengen nicht gewährleistet. Der Schengen-Vertrag schaffte ein «Polizeilabor», bei dem nur die Exekutive und die Polizei selbst das Sagen haben.

Weshalb wird der europäische Fahndungscomputer SIS kritisiert? Er hilft doch, Verbrecherinnen und Verbrecher dingfest zu machen.
Das SIS dient in erster Linie der Migrationsbekämpfung, nicht der Strafverfolgung. Nur 1,6 Prozent der Personendaten betreffen Leute, die wegen einer Straftat gesucht werden. Fast 90 Prozent sind Leute aus Nicht-EU-Staaten, die die Polizei an den Grenzen zurückweisen soll – aus rein fremdenpolizeilichen Gründen.

Wie soll man Verbrecher jagen, wenn man keinen Zugang zu Fahndungscomputern hat?
Schon heute hat die Schweizer Polizei über Interpol Zugang zu allen international zur Fahndung ausgeschriebenen Personen. Sie übernimmt diese Fahndungsdaten ins nationale Fahndungsregister Ripol.

Ist es nicht gut, wenn Leute nur noch ein Visum brauchen, um in die EU und in die Schweiz zu reisen?
In der Tat. Dies würde zum Beispiel den in der Schweiz lebenden Menschen aus Ex-Jugoslawien nutzen. Diese Erleichterung wird allerdings erkauft durch eine Abriegelung der Schengener Aussengrenzen und verstärkte Kontrollen im Landesinnern, die sich vor allem gegen MigrantInnen richten.

Europa setzt Mindeststandards im Asylbereich. Das wäre doch gut für Asylsuchende in der Schweiz?
Das sind nur minimale Standards. Und der Bundesrat sagt klar, dass sie nicht zum Schengen/Dublin-Paket gehören. Die Schweiz kann weiterhin ihr Asylgesetz zusätzlich verschärfen.

Müssen wir nicht Ja zu Schengen sagen, um näher an die EU heranzukommen?
Nein. Es war die Schweiz, die bei den bilateralen Verhandlungen den Schengen-Beitritt forderte. Ein Nein zu Schengen gefährdet den Rest der bilateralen Verträge nicht. Wenn sich der Bundesrat, die Polizei und die Industrie auf dem bilateralen Wege alle ihre Wünsche gegenüber der EU erfüllen können, wird der volle EU-Beitritt immer unwahrscheinlicher.