Der dilettantischste Geheimarmist seit 1291

Es ist zugegebenermassen heiss, aber an der Hitze allein kann es nicht liegen, dass Werner Gartenmann aufs Ganze geht. Auch die Weltlage scheint den Geschäftsführer von Pro Schweiz, der Nachfolgeorganisation von Christoph Blochers politischem Kampfverbund Auns, nicht mehr schlafen zu lassen.

Zwischen delirierenden Tweets zu den brennenden Banlieues in Paris und der Preisgabe der Schweizer Neutralität durch unsere neue Nato-Ministerin Viola Amherd kommentierte Gartenmann urplötzlich: «Undenkbares denken. Wir benötigen wieder geheime Widerstandsorganisationen in der Schweiz: Vorbilder P-26 und P-27. Unsere Vorfahren wussten schon damals, auf Teile der Behörden und Politik ist im Ernstfall kein Verlass.» Auf Nachfrage des «Tages-Anzeigers» bekräftigte der Oberstleutnant: «Wenn dieses Land an Parlament und Stimmbürgern vorbei in eine derart gefährliche Richtung geführt wird, dann ist der Widerstand zu planen.»

Natürlich könnte man sich aus demokratischer Sicht nun beschweren, dass ein SVP-Politiker die Wiedereinführung einer Geheimarmee fordert. Doch Gartenmanns Vorgehen sollte vor allem im patriotischen Lager ernsthaft zu denken geben.

Denn wie weit ist man dort von der Schaffung einer klandestinen Organisation entfernt, wenn die erste Amtshandlung darin besteht, sie auf Twitter öffentlich zu machen? Absolute Verschwiegenheit war da früher noch oberste Pflicht und Tugend: «Ich gehe unter der Verantwortung für eine ganze Equipe, unter dem Siegel der Verschwiegenheit», vertraute Heinrich Amstutz, der Gründer des P-26-Vorläufers, seinem Tagebuch vor einem Ausbildungskurs in Grossbritannien an. In den Tagebüchern, die seine Enkelin kürzlich publik machte, wird ein tiefreligiöser Mensch sichtbar, der das lebenslange Schweigen als Bürde für das Vaterland auf sich genommen hat. Und heute verwechselt einer wie Gartenmann Twitter mit einem Tagebuch!

Mehr noch: Mit seinem Einwurf macht Gartenmann die ganze revisionistische Arbeit zunichte, die von den P-26-Fans in den letzten Jahren geleistet wurde: vom Burgenbauer Felix Nöthiger etwa, der für die Mitglieder der Geheimarmee ein selbstverständlich geheimes Bunkermuseum erstellte, oder auch vom Historiker Titus Meier, der ihre Geschichte in seiner Dissertation aufarbeitete.

Ihr Hauptargument: Die Mitglieder der Widerstandsorganisation – bloss nicht Geheimarmee sagen! – waren alle nur edle Patriot:innen, die sich niemals gegen einen Feind im Innern oder die eigene Regierung gewandt hätten. Und nun trampelt dieser Gartenmann durch die ganze Argumentation und behauptet, man brauche wieder eine solche Organisation, weil auf Bundesrat und Behörden kein Verlass sei!

Wer Freunde wie Gartenmann hat, braucht wahrlich keine Feinde mehr – ob in Russland, bei der Nato oder im Innern.

PS: Für alle, die sich seriös mit der P-26 beschäftigen wollen: Der damalige PUK-Präsident Carlo Schmid hat kürzlich ein hörenswertes Interview gegeben. Darin erklärt er auch, warum die CS-PUK die Banker mindestens so genau befragen sollte wie die Armee-PUK damals die Offiziere.