Die Ruag im Korrekturmodus
Fast meinte man schon, die Sommerferien in Bundesbern dauerten ewig. Doch dann zeigt pünktlich am Montagmorgen eine Meldung, dass das politische Leben wieder erwacht: Brigitte Beck, die Chefin des bundeseigenen Rüstungskonzerns Ruag, tritt ab.
Aus journalistischer Sicht ist das erfreulich. Nicht etwa, weil damit die nachrichtenarme Zeit vorbei ist. Am Anfang der Kontroverse um Beck stand nämlich ihr Fehlverhalten bei einem Interview: Sie hatte ein Gespräch, das die CH-Media-Zeitungen mit ihr geführt hatten, beim Gegenlesen mehr oder weniger komplett umgeschrieben, inklusive der Fragen. Dabei soll sie ihre im Gespräch geäusserte Kritik an der Neutralitätspolitik des Bundesrats zurückgenommen haben.
Als die Redaktion ankündigte, das Interview in der ursprünglichen Fassung zu veröffentlichen, drohte ein PR-Berater mit einer teuren Schadenersatzklage. Gemäss Darstellung von CH Media soll ihr als Ersatz ein Primeur angeboten worden sein, falls sie das Gespräch nicht publiziere. Die Mediengruppe veröffentlichte am Ende das Interview zwar nicht, machte den Vorgang aber verdienstvollerweise öffentlich.
Brigitte Beck geriet so in den Fokus der Aufmerksamkeit: Als sie an einem Podium auch noch einen freihändigen Umgang mit dem Waffenausfuhrgesetz forderte, erfolgte eine firmeninterne Abklärung zu ihrer Kommunikation. Darüber ist sie nun gestolpert.
Der Fall von Beck zeigt, dass sich Druckversuche gegenüber Medien ins Gegenteil verkehren können. Viel Hoffnung besteht allerdings nicht, dass Politik, Verwaltung und Konzerne nun davon ablassen, mit Interviews die mediale Agenda zu beeinflussen. Das Interview von Beck für die CH-Media-Titel war ihr erstes überhaupt, sie war offenkundig eine Anfängerin.
Profis brauchen nicht erst den Korrekturmodus. Ihre Arbeit beginnt schon mit der Formatierung. So geben Bundesrätinnen meist nicht nur die Themen vor, über die sie sprechen wollen, sondern bestimmen auch den Zeitpunkt oder das Medium, dem sie ein Interview geben wollen. Falls Sie in der WOZ in den vergangenen Jahren kritische Gespräche mit Karin Keller-Sutter oder Ueli Maurer vermissten: Anfragen für Interviews wurden aus Zeitgründen wiederholt abgelehnt und auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben.