Argentinien: Die Wut nach rechts kanalisiert

In Argentinien hat gestern der rechtslibertäre Javier Milei die Präsidentschaftswahl für sich entschieden. Mit 56 Prozent der Stimmen besiegte der radikale Ökonom den amtierenden Wirtschaftsminister und Mitte-Links-Kandidaten Sergio Massa unerwartet deutlich. 

Milei hat sich im Wahlkampf geschickt als Gegenstück zum politischen Establishment inszeniert. Dabei hat er die Unzufriedenheit der vielen Menschen instrumentalisiert, deren Lohn nicht bis zum Monatsende reicht – und ihnen einfache Lösungen für hochkomplexe Probleme angeboten. Die Mehrheit der Menschen in Argentinien sehnt sich so sehr nach Wandel, dass ihnen die Frage nach dem Wie erst einmal zweitrangig zu sein scheint. 

Mileis Gegner Sergio Massa repräsentierte seinerseits den Status quo. Als Wirtschaftsminister, während dessen Amtszeit die jährliche Inflationsrate von 70 auf 140 Prozent angestiegen ist, war er nicht der Kandidat, der die Hoffnung auf eine bessere Zukunft verkörpern konnte. Stattdessen stand er in den Augen vieler für die Fortführung einer Politik, die in den vergangenen Jahren keine Lösungen für die alltäglichen Probleme der Bevölkerung bieten konnte. Seine Wahlniederlage ist auch eine Abstrafung der amtierenden Mitte-Links-Regierung.

In seiner ersten Ansprache als Präsident versprach Milei den «Aufstieg Argentiniens zur Weltmacht» und das Ende des «Armutsmodells des allgegenwärtigen Staates». Aber die Hoffnung auf die lang ersehnte Veränderung und eine bessere Zukunft vieler Menschen wird enttäuscht werden. Mileis Vorhaben, öffentliche Ausgaben radikal zu kürzen, staatliche Subventionen abzuschaffen und Handelsbeschränkungen zum Schutz der nationalen Industrie abzubauen, könnten Tausende in Arbeitslosigkeit und Armut stürzen. 

Bisher waren in Lateinamerika Militärdiktaturen nötig, um solch extreme neoliberale Reformen umzusetzen. Die Menschen in Argentinien haben sich nun in einer demokratischen Wahl dafür ausgesprochen. Mileis populistische Parolen haben also verfangen. Ein Ende der Korruption, der Inflation und der Armut – das sind nur einige der Forderungen, deren Erfüllung sich die Wähler:innen des neuen Präsidenten erhoffen. Sie müssen sich aber vor allem auf Privatisierungen im Bildungs- und Gesundheitsbereich, auf die Schliessung von Ministerien und den Abbau von Arbeitnehmer:innen- und Frauenrechten einstellen.