«Fast wie zu Angela Merkels Zeiten», so oder ähnlich kommentierten deutsche Medien die dreitägige Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach China, die gestern Abend zu Ende ging. Unter der Altkanzlerin waren die Wirtschaftsbeziehungen stetig ausgebaut worden, 2017 löste China die USA als Deutschlands wichtigsten Handelspartner ab. Die Ampelregierung änderte mit ihrer im vergangenen Juli veröffentlichten «China-Strategie» den Kurs: Die Vorstellung, über wirtschaftliche Kooperation auch politischen Einfluss auf Chinas Regierung nehmen zu können, gilt als überholt angesichts des Kriegs in der Ukraine und der chinesisch-russischen Annäherung. Aber auch, weil chinesische Exporte den deutschen zunehmend den Rang ablaufen.
Ein «Derisking» – das Vermindern von Risiken – wurde daher als Kern der neuen China-Politik ausgemacht: Deutsche Unternehmen sollen sich zwar nicht zurückziehen, sich aber unabhängiger machen vom chinesischen Markt; der Import kritischer Rohstoffe aus China soll reduziert und Menschenrechtsfragen sollen klarer angesprochen werden. Dass Olaf Scholz auf seiner Reise auch Chinas Haltung zum russischen Krieg gegen die Ukraine ansprach, sollte diesem Anspruch wohl gerecht werden.
Der Erfolg der Gespräche blieb überschaubar, eine Zusage für eine Teilnahme am für Juni geplanten Friedensgipfel auf dem Bürgenstock gab es von Xi Jinping nicht. Auch ein gemeinsam vereinbarter Aktionsplan für einen klimapolitischen Dialog bringt wenig Konkretes: Rechtlich nicht bindend, verpflichtet er keine der beiden Seiten, etwa Geld oder Personal bereitzustellen.
Oberste Priorität genossen indes auch auf dieser Kanzlerreise die Interessen der deutschen Wirtschaft, zwei Tage waren dafür reserviert. Scholz setzte sich bei Xi für «faire» Marktzugangsbedingungen und eine Reduzierung staatlicher Subventionen etwa für Elektrofahrzeuge ein, die zu einer chinesischen «Exportschwemme» und zu Wettbewerbsverzerrungen in der EU führten. Eine Kritik, die der Gastgeber weit von sich wies. Als greifbares Ergebnis blieb dessen Ankündigung, Einfuhrbeschränkungen für Äpfel und Rindfleisch aufzuheben. Milliardenschwere Wirtschaftsverträge für deutsche Unternehmen wie in der Ära Merkel gab es nicht. Ein «pragmatisches Umfeld» habe er vorgefunden, so Scholz zum Abschluss seiner Reise. Als pragmatisch wurde einst auch die China-Strategie von Kanzlerin Merkel bezeichnet. Es ist also wenig neu am Kurs der Ampelkoalition, Wirtschaftsinteressen stehen weiter im Fokus. Sie ist damit nur weniger erfolgreich als ihre Vorgängerin.