Es war ein Betrugsskandal riesigen Ausmasses, der bis in höchste Regierungsämter reichte: 2020 wurde Najib Razak, früherer Ministerpräsident Malaysias, deswegen zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Die Rede ist vom sogenannten 1MDB-Skandal.
Und wie so oft, wenn es um internationale Finanzdelikte geht, war auch in diesem Fall der Schweizer Finanzplatz involviert. Letzten Mittwoch wurden vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona zwei Genfer Geschäftsleute zu sechs beziehungsweise sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Endlich. Die Bundesanwaltschaft hätte nämlich schon viel früher gegen die Genfer Tarek Obaid und Patrick Mahony ermitteln und einen Prozess anstreben können – so sie denn gewollt hätte.
2009 hatten Obaid und Mahony mit ihrer Genfer Investmentfirma Petrosaudi eine gemeinsame Firma mit dem malaysischen Staatsfonds 1MDB gegründet, der daraufhin eine Milliarde US-Dollar auf ein Konto in Genf überwies – und später Hunderte Millionen folgen liess. Das Geld wurde aber nicht wie versprochen für Ölförderprojekte und den Kauf von Firmenanteilen verwendet, sondern floss in die Taschen von Obaid, Mahony und anderen Beteiligten. Orchestriert wurde der Betrug vom 1MDB-Berater Jho Low im Auftrag des damaligen malaysischen Ministerpräsidenten Najib Razak.
Eine frühe Ermittlung der Bundesanwaltschaft gegen die beiden Geschäftsführer von Petrosaudi hätte nicht nur deren Verurteilung beschleunigt, sondern womöglich den ganzen Skandal früher ans Tageslicht gebracht. Entscheidende Informationen des Whistleblowers Xavier Justo, der zeitweilig bei Petrosaudi gearbeitet hatte, waren schon Ende 2014 zur Schweizer Bundesanwaltschaft gelangt. Die Anwältin Monika Roth erstattete damals im Auftrag des Bruno-Manser-Fonds und gestützt auf die Justo-Informationen Anzeige. Die Bundesanwaltschaft weigerte sich allerdings, Ermittlungen aufzunehmen, dies mit der Begründung, der Eingabe seien «keine konkreten strafbaren Handlungen zu entnehmen».
Für Xavier Justo war dieses Desinteresse verheerend, wie sich schon bald herausstellen sollte: Er wurde nun seinerseits von Obaid und Mahony mit Hilfe von Schweizer Anwälten, PR-Beratern und «Sicherheitsleuten» unter Druck gesetzt und diskreditiert. Die beiden konnten sich das leisten, hatten sie doch aufgrund des 1MDB-Betrugs Dutzende Millionen zur freien Verfügung.
Und so wurde Justo 2015 in Thailand verhaftet. Zur Last gelegt wurden ihm Datendiebstahl und Erpressung. Patrick Mahony höchstpersönlich drängte Justo im Büro des Gefängnisdirektors zu kooperieren, ansonsten würde er zehn Jahre in der Zelle schmoren (siehe WOZ Nr. 11/20). Justo musste sich in der Folge in inszenierten Zeitungsinterviews, unter anderem mit dem «Tages-Anzeiger», selber als Lügner und geldgierigen Menschen bezeichnen.
Dass der ganze Skandal und die Verstrickung der beiden Petrosaudi-Geschäftsleiter dennoch aufflogen, liegt nicht zuletzt an der britischen Journalistin Claire Rewcastle Brown, die auf Basis von Justos Daten die Sache hartnäckig weiterverfolgte und schliesslich erreichte, dass die US-Bundespolizei FBI Ermittlungen aufnahm. Die Schweizer Bundesanwaltschaft eröffnete erst im November 2017, also drei Jahre nach der Anzeige durch den Bruno-Manser-Fonds, ein Strafverfahren.
Während Patrick Mahony das Urteil bisher nicht kommentiert hat, erklärte Tarek Obaid unmittelbar nach dem Urteilsspruch vom Mittwoch, er werde in Berufung gehen.