Die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur der Opposition ist gefallen: Friedrich Merz wird bei der Bundestagswahl im September 2025 als Spitzenkandidat der CDU/CSU antreten. Eigentlich, so liesse sich nun ironisch festhalten, nähert sich Deutschland damit dem europäischen Durchschnitt an: rechts, populistisch, rückwärtsgewandt, für eine restriktive Flüchtlingspolitik, für Abschottung und Abschiebung.
Bei der Bekanntgabe seiner Kandidatur kündigte Merz an, im Wahlkampf eine Zuspitzung der Migrationsdebatte vermeiden zu wollen. Doch Merz wäre nicht Merz, wenn er gerade bei diesem Thema unglaubwürdig wäre. Nur einen Tag zuvor hatte er seine Position in der Migrationspolitik verdeutlicht: «Wir müssen zurückweisen. Nicht die Grenzen schliessen, zurückweisen an den Grenzen. Das ist verfassungsrechtlich möglich – einige Juristen argumentieren sogar, dass es zwingend geboten sei. Wir sprechen über eine echte Notlage.»
Die AfD kann sich freuen: Nach ihrem Sieg bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen vor zwei Wochen dürfte sie auch am Sonntag bei den Wahlen in Brandenburg zur stärksten Kraft werden. Die Bundestagswahl, das ist klar, wird für alle etablierten Parteien eine ausserordentliche Herausforderung werden. Niemand rechnet mit der Auferstehung der Linken, einer Wiederbelebung der SPD, der Grünen oder gar der FDP.
Schon jetzt signalisieren SPD und CDU/CSU immer wieder, dass die AfD mit ihren Themen recht habe, und versuchen, die Menschen mit Versprechungen zu ködern, die eigentlich die Erzählung der AfD bedienen. Damit treiben die Rechten die anderen Parteien vor sich her, und diese folgen. Dass dringend grosse Investitionen ins Bildungssystem, die Infrastruktur und die Migration benötigt werden, darüber spricht kaum jemand mehr. So werden die Ampelparteien und die Union zunehmend zu nützlichen Helfern der Rechten, pragmatische Politik immer weniger möglich.
Angesichts dieser Ausgangslage dürfte Merz, der keinerlei Regierungserfahrung hat und seit Jahrzehnten auf dieses Amt schielt, schwer zu schlagen sein.