Kuba: Ohne Strom im Sturm
Die Not ist gross – Lebensmittel, Medikamente und Energie sind knapp: Kuba steckt in einer der schwersten Wirtschafts- und Energiekrisen in der Geschichte des Landes. Schon seit vergangenem März häufen sich die Stromausfälle, mittlerweile gehören sie zum Alltag dazu. «Essen und Strom», fordern seitdem Demonstrant:innen immer wieder an Kundgebungen.
Am Freitag hat sich die Situation nun zugespitzt: Praktisch die ganze Insel ist ohne Strom. Versuche der Behörden, die landesweite Versorgung wiederherzustellen, scheiterten; immer wieder kollabierte das Netz. Vielerorts verbrachten Kubaner:innen vier Nächte in Folge im Dunkeln.
Im Dunkeln tappt auch Lucius Blanco (Name geändert): Der Student gehört zu den zwei Millionen Kubaner:innen, die in den letzten Jahren ihre Heimat mangels Zukunftsperspektiven, wegen Hunger und Repression verlassen haben. Vom Ernst der aktuellen Lage auf Kuba hat er erst spät erfahren. Immer wieder breche die Kommunikation zu Familie und Freunden ab, erzählt Blanco. Die Ungewissheit über die Situation seiner in Kuba verbliebenen Angehörigen beschäftigt ihn sehr.
Am Sonntagabend wandte sich der kubanische Staatspräsident an die Bevölkerung. «Das Land befindet sich in einem Ausnahmezustand», so Miguel Díaz-Canel. Die Behörden versprachen, bis Dienstag die Stromversorgung im ganzen Land wiederherzustellen. Verantwortlich für den Kollaps seien aber die USA: Díaz-Canel bezeichnete das jahrzehntelange Embargo, mit dem die USA die Karibikinsel belegt haben, als Wirtschaftskrieg. Und der uniformierte Präsident machte auch eine Kampfansage an die eigene Bevölkerung: Wer in öffentlichen Protesten lautstark «Essen und Strom» einfordern und damit «die öffentliche Ordnung» stören würde, den werde die Strenge «der revolutionären Gesetze» treffen, drohte er.
Frische Lebensmittel und Wasser sind auf Kuba sowieso schon knapp – jetzt verderben die ungekühlten Esswaren in der Hitze. Und auf den Hunger folgt nun Hurrikan Oscar, der am Sonntagabend auf Land traf. Medien berichten von anhaltend hoher Windstärke, von meterhohen Wellen und starken Regenfällen. Sechs Menschen sind schon an den Folgen gestorben, mindestens tausend Häuser wurden beschädigt, ganze Landstriche liegen unter Wasser und sind teils von Hilfe abgeschnitten.
Oscar sorgt dafür, dass der kubanischen Bevölkerung auch in den kommenden Tagen wenig Zeit für Proteste bleiben wird. Und danach, wird sich etwas ändern? Lucius Blanco ist wenig hoffnungsvoll: «Auch danach wird der Alltag auf der Insel ein täglicher Kampf ums Überleben bleiben», glaubt er.