US-Wahlen: Wahrheit in Aktion

Filmemacher Michael Moore ist davon fest überzeugt: Je höher die Stimmbeteiligung bei der Präsidentenwahl, desto eindeutiger die Niederlage für George Bush. Ausnahmsweise scheinen beide grossen Parteien seine Prognose zu teilen.

«Wenn wir die Stimme Detroits nicht ausblenden können, werden wir Schwierigkeiten haben mit dieser Wahl», sagte der Politiker John Pappageorge Mitte Juli in aller Öffentlichkeit. Der Abgeordnete aus dem Bundesstaat Michigan ist weiss und republikanisch, die Stadt Detroit hingegen zu 83 Prozent afroamerikanisch – und grösstenteils demokratisch eingestellt. In South Dakota ist es die (ebenfalls demokratisch wählende) indianische Bevölkerung, die mit legalistischen Schikanen von der Urne ferngehalten wird. Bei der Vorwahl in New Mexico haben Bush-Fans in den Behörden die von allen LateinamerikanerInnen – selbst den eingebürgerten – gefürchteten hellgrünen Laster der Immigrationspolizei in Sichtweite der Wahllokale platziert. In Nevada ist die Anfechtung von Stimmen, ein bisher kaum genutztes Einspruchsrecht, zur inoffiziellen republikanischen Parteidoktrin erhoben worden. In Missouri wurden in demokratischen Distrikten, das heisst in schwarzen Arbeiterquartieren, die Wahlbüros bei der Vorwahlrunde im August statt um sieben erst um zehn Uhr vormittags geöffnet. Und in Arizona patrouillierte eine parapolizeilich uniformierte Gruppe namens «Truth in Action» (Wahrheit in Aktion) mit Kameras vor den Lokalen.

Kürzlich berichtete der rechtskonservative Sender Fox News über eine Aktion von Feministinnen an der University of Arizona, die auf dem Campus WählerInnen mobilisierten. Eine kriminelle Tat sei das, vermeldete der Sender; die Frauen hätten mit Bussen und Gefängnisstrafen zu rechnen. Die Aktion war völlig legal, wie sich später herausstellte, aber Fox berichtigte die Meldung nie. Dass junge AktivistInnen an einer ganzen Reihe von andern Unis auf gleiche Art eingeschüchtert wurden, machte ebenfalls keine Schlagzeilen.

Das schwärzeste Wahlschaf ist jedoch wiederum Florida. Die elektronische Stimmenzählung im Land des Präsidentenbruders Jeb Bush ist besonders verletzlich. Die Liste der nicht stimmberechtigten Vorbestraften ist immer noch oder schon wieder fehlerhaft. Bewaffnete Polizeibeamte suchen gezielt ältere schwarze WahlhelferInnen in ihren Häusern auf – angeblich, um sie wegen eines längst widerlegten Verdachts auf Wahlbetrug im letzten Frühling zu befragen. «Eine Wiederholung des Wahlfiaskos von 2000 ist wahrscheinlich», sagt Expräsident Jimmy Carter. «In Florida fehlen international anerkannte Grundvoraussetzungen für eine faire Wahl.»

Doch Floridas WählerInnen geben nicht auf. In Duval County etwa, wo im Jahr 2000 wegen fehlerhafter Wahlzettel tausende von schwarzen, zu neunzig Prozent demokratischen Stimmen nicht gezählt wurden, haben sich bereits 150 Prozent mehr WählerInnen neu eingeschrieben als vor vier Jahren. Das ist an sich schon ein kleiner Sieg der Demokratie.